TV-Tipp:„Eltern allein zu Haus: Die Winters“ (ARD)

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TV-Tipp:„Eltern allein zu Haus: Die Winters“ (ARD)
31.3., ARD, 20.15 Uhr: „Eltern allein zu Haus: Die Winters“
Die Beiträge zur ARD-Reihe „Eltern allein zu Haus“ über Ehepaare, die durch den Auszug eines Kindes vor einem neuen Lebensabschnitt stehen, funktionieren auch als in sich abgeschlossene Handlungen und ohne die Kenntnis der jeweils anderen Teile; aber als Trilogie machen sie viel mehr Spaß. Die Überschneidungen mit den anderen Filmen sind zwar für die jeweilige Geschichte nicht wichtig, sorgen aber dennoch für einen gewissen Erkenntnisgewinn, weil die gleichen Ereignisse aus anderer Perspektive geschildert werden; und weil Bemerkungen, die vorher kryptisch waren, nun einen Sinn bekommen.

In der zweiten Episode erzählen Nina Bohlmann (Buch) und Josh Broecker (Regie) vom Ehepaar Winter (Walter Sittler, Susanna Simon). Der Tonfall ist ähnlich, aber anders als bei den Schröders aus Teil eins, deren Beziehung als Drama mit komischen Zügen geschildert wurde, überwiegen diesmal die heiteren Momente. Dabei besteht dafür überhaupt kein Anlass, denn während die Schröders noch um ihre Ehe kämpfen, stellt Tanja Winter ihren Mann Matthias vor vollendete Tatsachen und sucht sich eine eigene Wohnung, als sie zu der Überzeugung gelangt, dass nach dem Auszug von Tochter Marie (Sinje Irslinger) nichts mehr zu retten ist. „Alles bricht auseinander“, stellt Marie deprimiert fest, als sie von selbst rausfindet, was die Eltern ihr noch nicht gebeichtet haben.

Dass „Die Winters“ den diversen Dramen zum Trotz vorwiegend heiter ist, liegt in erster Linie an Walter Sittler, der hier endlich mal wieder zeigen darf, warum er ein großer Komödiant ist. Während das Drehbuch die beiden Schröders gleichwertig behandelte, ist Matthias eindeutiger Sympathieträger. Der frühere Lehrer musste den Beruf wegen Herzproblemen aufgeben und hat seiner Frau den Rücken freigehalten, damit sie Karriere als Unternehmensberaterin machen kann. Er sitzt seit Jahren an einem Sachbuch über die Reformation und ist ein Lebenskünstler, der es gern gemütlich hat und es nicht schafft, sich von altem Plunder zu trennen. Der umtriebigen und zur Dominanz neigenden Tanja ist das alles ein Dorn im Auge. Geschickt vermittelt der Film, wie ihr die liebgewonnenen Angewohnheiten des Gatten – zuhause erst mal die Schlappen und die geliebte Strickjacke anziehen – auf die Nerven gehen; ganz zu schweigen von seinen Rechercheunterlagen, die ständig den Esstisch blockieren. Der tolerante Matthias wiederum findet viel schneller seine Fassung wieder, als Marie ihren Eltern eröffnet, sie lebe jetzt mit einer Frau zusammen; Tanja hingegen ist schockiert und macht daraus auch keinen Hehl. Ihre Wohnung ist wie sie selbst: kühl und funktional. Ihr neuer Freund ist Jurist und deutlich jünger. Matthias erfährt von dem Verhältnis, als er Tanja mit einer Diashow alter Familienfotos aus glücklichen Zeiten überraschen will und einen Coitus interruptus verursacht.

Es sind vor allem Szenen wie diese, die dafür sorgen, dass das Drama den beschwingten Tonfall beibehält, mit dem der Film auch beginnt. Außerdem vergräbt sich Matthias nicht etwa in Selbstmitleid, sondern ergreift die Flucht nach vorn. Auch das lässt ihn viel eher als Tanja zur Identifikationsfigur werden: Während sie nach dem Auszug eher noch unsympathischer wird, macht er das Beste aus der Situation und beginnt ein neues Leben, woran die charmante Tierärztin Andrea (Birge Schade) nicht ganz unschuldig ist. Die erste Begegnung dieses Paars ist typisch für die leichte Hand, mit der Bohlmann und Broeker die Geschichte erzählen: Maries Kakadu ist aus dem Käfig geflohen und hat in der Wohnung allerlei anrüchige Spuren hinterlassen, weshalb Matthias seinen Schlüsselbund nach ihm wirft; anschließend muss das Tier zum Arzt, wo Matthias als Ursache für den Flügelbruch etwas von einem „Schlüsselerlebnis“ murmelt.

Auch die Verknüpfungen mit dem ersten Teil bereichern die Handlung um einen eher unterhaltsamen Faktor. Die einzelnen Ereignisse sind zwar nicht komisch, aber es entsteht eine Art Vorfreude auf die jeweiligen Szenen, wenn sich die Ehepaare Winter und Schröder zu Beginn des Films bei der Abifeier ihrer Kinder oder später beim Konzert und im Krankenhaus über den Weg laufen. Auch die Struktur der Drehbücher ist die gleiche: Beide beginnen mit einer verfahrenen Situation („Die Winters“ sogar buchstäblich, weil das Auto von Matthias und Tanja ohne Sprit irgendwo in der Pampa stehen geblieben ist), dann folgt eine Rückblende zum Anfang vom Ende. Obwohl die Beziehungsgeschichte diesmal einen deutlich unversöhnlicheren Verlauf nimmt, vermitteln die Szenen mit Matthias viel Lebensfreude. Den dritten und letzten Teil zeigt die ARD am 7. April.