Lutherland: "Man darf es nicht zu schön machen"

Lutherland: "Man darf es nicht zu schön machen"
Eingefangen hat er die Ordination von Pfarrern im Magdeburger Dom ebenso wie evangelische Passionsfestspiele, die Jesus Freaks oder das Jugendtreffen Christival in Karlsruhe. Überrascht habe ihn die Vielfalt des christlichen Glaubens, sagt er. Der Evangelische Pressedienst (epd) sprach mit ihm in Dresden über sein Projekt.
08.03.2017
epd
Katharina Rögner

Herr Gläscher, sie haben sich mit der Kamera auf die Suche nach Bildern vom christlichen Glauben in Mitteldeutschland, aber auch darüber hinaus gemacht. Was sind ihre Erkenntnisse?

Jörg Gläscher: Der Glaube wird sehr deutlich gelebt, sehr lebendig. Aber er ist kein Massenphänomen.

Welche Erkenntnis hat die Arbeit an "Lutherland" für sie persönlich gebracht?

Gläscher: Der Glaube an Gott hat sich bei mir nicht verändert, weil ich nicht an Gott glaube. Aber der Glaube an die christlichen Werte, der hat sich noch mal vertieft, weil diese christliche Wertegemeinschaft unser Land immer noch sehr deutlich prägt und immer noch ein sehr gutes Wertemodell ist - auch außerhalb vom Glauben. Das Miteinander und das Füreinander und die Fürsorge, die sehr deutlich auch im evangelischen Glauben gelebt wird, ist ein sehr gutes Gesellschaftsmodell.

Was ist denn das Sympathische am gelebten Glauben?

Gläscher: Das ist eben genau der Teil der Bevölkerung, der durch seinen gelebten Glauben immer noch sehr die Fürsorge lebt, das Füreinander und das Leben miteinander. Ich denke dabei auch an vielfältige Flüchtlingshilfen in den Kirchen oder die Altenpflege. Die Präsenz des Fürsorgegedankens fasziniert.

Wie haben sie ihre Bilder ausgesucht?

Gläscher: Bewusst habe ich die eingerüstete Schlosskirche in Wittenberg fotografiert, nicht die makellose, frisch sanierte. Sie ist das Zentrum der Reformation. Man darf es nicht zu sauber und zu schön machen, sonst wird es einfach kitschig. Auch die Wartburg habe ich von einer ganz anderen Seite eingefangen und wie man sie sonst nicht kennt - mit Tankstelle davor.

Wie präsentieren sie ihre Bilder in der Dresdner Ausstellung?

Gläscher: Es hängen sehr unterschiedliche Fotos nebeneinander. Ich wollte nicht der kirchlichen Bildsprache von Schönheit und von imposanten Gebäuden und von schönen Zeremonien verfallen. Das war das Schwierigste an der Fotoarbeit, dafür einen Weg zu finden, dass man die visuelle Harmonie bricht. Auch ein schönes Weihnachtsbild muss man brechen, indem ein ganz anderes Foto danebenhängt - sonst wird es nicht nur kitschig, sondern auch langweilig.

Hat sie denn etwas überrascht bei ihrer Arbeit an "Lutherland"?

Gläscher: Ja, die aufblasbare Kirche am Strand von Sankt Peter-Ording. Ein baptistischer Pfarrer aus Oldenburg bot davor Seelsorge an. Überrascht hat mich auch das Spektrum vom gelebten Glauben, von deutlich konservativen Positionen in der Liturgie im Gottesdienst bis hin zu freien Interpretationen der Jesus Freaks. Beides hat seine Berechtigung. Sehr deutlich aber wird gerade in Sachsen eine konservative Strömung, ohne eine Wertung darüber abgeben zu wollen.

Wie stehen sie zu den Feierlichkeiten zum Reformationsjubiläum 2017?

Gläscher: Es ist gut, dass nicht nur Martin Luther, sondern die Reformation gefeiert wird. Nicht Luther ist das Phänomen, sondern die Reformation an sich. Sie ist ein Weltereignis, das man auf jeden Fall sehr deutlich feiern kann.