Merkel wirbt für weitere Migrationspartnerschaften mit Afrika

Merkel wirbt für weitere Migrationspartnerschaften mit Afrika
Europas Probleme mit der Migration entstehen auch in Afrika - unter dieser Prämisse hat die EU sogenannte Migrationspartnerschaften begonnen. Der EU-Gipfel verteidigte den neuen Ansatz, während Kritiker vom Verrat an europäischen Werten sprechen.

Brüssel (epd). Die umstrittenen Migrationspartnerschaften, die Menschen aus Afrika von Europa fernhalten sollen, müssen nach dem Willen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter ausgebaut werden. Es sei eine "sehr gute Entwicklung, dass hier die Aktivitäten gebündelt werden", sagte Merkel bei dem am Freitag zu Ende gegangenen EU-Gipfel in Brüssel. Das Projekt ist zunächst mit Nigeria, Niger, Mali, Senegal und Äthiopien angelaufen. Es müssten nun auch weitere Migrationspartnerschaften angestrebt werden, verlangte die Kanzlerin.

Der Europäische Rat, also die Gesamtheit der 28 EU-Staats- und Regierungschefs, ging in seiner Abschlusserklärung nicht so weit wie Merkel. Beim nächsten Gipfel im Dezember solle zunächst die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini über das bislang Erreichte berichten. Der Europäische Rat werde dann "eine Ausweitung der Vorgehensweise auf andere Länder prüfen", heißt es in den Beschlüssen.

Projekte gegen Jugendarbeitslosigkeit

Das Projekt der Migrationspartnerschaften wurde im Juni von der EU-Kommission vorgestellt. Einerseits geht es direkt um das Abhalten oder Abschieben von Migranten. Ein offen erklärter Zweck besteht darin, dass die afrikanischen Staaten bereitwilliger eigene Staatsangehörige aus Europa zurücknehmen, die mit Asylanträgen gescheitert sind.

Umstrittener ist das Thema Entwicklung. Laut offizieller EU-Darstellung soll europäische Hilfe in den betreffenden Ländern zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung beitragen und so den Anreiz für die Menschen dort verringern, nach Europa zu ziehen. Die Migrationspartnerschaft mit Senegal umfasst zum Beispiel Projekte gegen Jugendarbeitslosigkeit. Zudem soll das Geschäftsmodell der Menschenschlepper ausgehebelt werden, die Menschen oft für viel Geld auf lebensgefährliche Reisen schicken.

Allerdings deuten kritische Stimmen die Verbindung von Migrations- und Entwicklungspolitik anders. Demnach droht die EU den Afrikanern mit Entzug von Entwicklungshilfe, wenn diese Schutzsuchende nicht von Europa fernhalten, und ignoriert dabei die Werte des Staatenbündnisses und die Menschenrechte.

"Erbärmlicher Hohn"

In der Gipfel-Erklärung heißt es: "Der Rahmen stellt darauf ab, konkrete und messbare Ergebnisse bei der Verhinderung von illegaler Migration und bei der Rückführung von irregulären Migranten zu erzielen und unter Einsatz aller einschlägigen - auch entwicklungs- und handelspolitischen - Maßnahmen, Instrumente und Möglichkeiten der EU die erforderliche Hebelwirkung zu erzeugen und zu nutzen".

Merkel äußerte sich zu dem heiklen Punkt nur vage. Auf die Frage eines Journalisten, ob EU-Entwicklungshilfe künftig nur noch gezahlt werde, wenn Flüchtlinge zurückgehalten oder zurückgenommen werden, antwortete sie unter anderem: "Die Migrationspartnerschaften sind keine einfachen Entwicklungshilfeprojekte. Sondern sie haben schon etwas mit der illegalen Migration und der Frage zu tun, wie können wir die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort verbessern und damit illegale Migration verhindern."

Nach Kritik von verschiedenen nichtstaatlichen Organisationen und den Grünen brandmarkte am Freitag auch Links-Partei die Migrationspartnerschaften. "Verkauft werden soll uns das Ganze als wohltätige Unterstützung mit Gegenleistungen, indem Hilfs-, Entwicklungs- und IWF-Gelder an die Kooperation in der Migrationsabwehr geknüpft werden", erklärte die Europaabgeordnete Cornelia Ernst. "Das ist ein erbärmlicher Hohn und Verrat an der Europäischen Menschenrechtskonvention."