Kardinal Marx: Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland

Kardinal Marx: Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hält es für unverständlich, dass die Politik bislang kein Einwanderungsgesetz auf den Weg gebracht hat. "Wir müssen uns dem Thema stellen", fordert er.

Fulda (epd). Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hält ein Einwanderungsgesetz für überfällig. "Deutschland ist seit Jahrzehnten ein Einwanderungsland, was manche nicht wahrhaben wollen", sagte Marx am Donnerstag zum Abschluss der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz in Fulda. Ein Viertel der deutschen Bevölkerung habe einen Migrationshintergrund.

Angesichts dessen müsse man überlegen, wie man Einwanderung gestalten will. Entsprechende Vorstöße seien in den vergangenen Jahren im politischen Klein-Klein versandet. "Wir müssen uns dem Thema stellen", forderte der Münchner Erzbischof. Migration, Flucht und Asyl seien nicht dasselbe, das müsse geklärt werden.

Marx plädiert für Einwanderungsgesetz

In den vergangenen Jahrzehnten indes seien einige, die nach Deutschland einwandern wollten, auf den Asylweg verwiesen worden. Sie hätten keine andere Chance gehabt, überhaupt einen Fuß auf deutschen Boden zu bekommen.

Innerhalb der Regierungskoalition hatte die SPD in der laufenden Legislaturperiode mehrfach auf ein Einwanderungsgesetz gedrungen. Die Union lehnte das Ansinnen aber ab. Bis zur Bundestagswahl im nächsten Jahr sind daher keine konkreten Initiativen aus der Koalition zu erwarten.

Marx sagte, schon die sogenannten türkischen Gastarbeiter seien in den 60er Jahren fälschlicherweise nicht als Einwanderer gesehen worden. Sie seien geholt worden, damit der Wohlstand in Deutschland weiter wächst. Die Arbeitskraft abzuschöpfen und die Menschen wieder wegzuschicken, sei schon damals eine "sehr problematische Haltung" gewesen. "So geht es nicht", sagte der Kardinal.

In diesem Zusammenhang forderte Marx auch vermehrte Anstrengungen zur Integration der Flüchtlinge in Deutschland. Mit einer Stunde Sprachunterricht sei diese nicht zu leisten. Von Januar bis Ende Juli des laufenden Jahres haben die deutschen Bistümer eigenen Angaben zufolge insgesamt mindestens 79,5 Millionen Euro für die Flüchtlingsarbeit aufgebracht. Davon entfielen rund 52,2 Millionen Euro auf Projekte in Deutschland und etwa 27,3 Millionen Euro auf Hilfen in den Krisenregionen.

Flüchtlinge dürften nicht als Problem angesehen werden

Erneut rief Marx zur Mäßigung in den politischen Debatten auf. Er mache sich Sorge um die Tonlage in Deutschland. Auf Kritik an CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wollte der Kardinal konkret nicht eingehen. "Ich kann doch nicht jeden Tag Äußerungen von Generalsekretären kommentieren", sagte er. Marx betonte aber, es dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, dass die Flüchtlinge hierzulande allein als Problem wahrgenommen würden und es Ziel sei, sie schnellstens wieder loszuwerden. "Das ist keine Art und Weise", sagte der Kardinal.

Scheuer hatte über Hindernisse bei der Abschiebung von Flüchtlingen gesagt: "Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaftsflüchtling." Später erklärte er, der Ausspruch sei "eine bewusste Zuspitzung" in einem längeren Gesprächsbeitrag gewesen.