TV-Tipp: "Papa und die Braut aus Kuba" (NDR)

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TV-Tipp: "Papa und die Braut aus Kuba" (NDR)
18.8., NDR Fernsehen, 22.00 Uhr: "Papa und die Braut aus Kuba"
Klagen über Filmtitel sind offenkundig ähnlich wenig zielführend wie Beschwerden über Schiedsrichterentscheidungen; daher soll in diesem Fall der Hinweis genügen, dass "Papa und die Braut aus Kuba" deutlich anspruchsvoller ist, als es der Titel nahe legt.

Klagen über Filmtitel sind offenkundig ähnlich wenig zielführend wie Beschwerden über Schiedsrichterentscheidungen; daher soll in diesem Fall der Hinweis genügen, dass "Papa und die Braut aus Kuba" deutlich anspruchsvoller ist, als es der Titel nahe legt. Immerhin ist er nicht gelogen: Der Inhalt ist ziemlich korrekt wiedergegeben. Tatsächlich ist auch die Handlung im Grunde ganz einfach: Endlich ist es den erwachsenen Kindern des verwitweten Patriarchen Clemens Filzhofer (Walter Kreye) gelungen, den alten Herrn in Urlaub zu schicken. Allerdings bereuen sie die Tat von ganzem Herzen, als sie sehen, wen er aus Kuba mitgebracht hat: Die flotte Esperanza (Isabelle Redfern) ist gerade mal halb so alt wie Clemens und gekommen, um zu bleiben; kurz nach der Rückkehr ins heimische oberbayerische Daching verkündet der vor Glück aus allen Knopflöchern strahlende Kleinfabrikant die Verlobung. Seine Kinder Peter und Martina (Johann von Bülow, Annika Kuhl) sind angesichts der vermeintlichen Würdelosigkeit, mit der sich ihr verliebter Vater zum Affen macht, schockiert. Außerdem fürchten sie um ihr Erbe, denn wenn sie Esperanza nach Clemens’ Tod ausbezahlen müssen, wäre dies das Aus der Firma. Peter findet zudem, es sei höchste Zeit, dass ihm der Alte endlich das Geschäft übergebe. Also bohren Sohn und Tochter so lange, bis sie bei der mutmaßlichen Mitgiftjägerin tatsächlich einen wunden Punkt entdecken: Esperanza hat einen Sohn, den sie Clemens verschwiegen hat. Weil sie natürlich mitbekommen hat, wie Peter und Martina gegen sie intrigieren, packt sie ihren Koffer.

Man kann die Filme kaum miteinander vergleichen, aber trotzdem erinnert "Papa und die Braut aus Kuba" an "Zeit des Erwachens" (1990), Penny Marshalls Verfilmung eines Buches von Oliver Sacks: Es gelingt einem Arzt, Patienten, die unter einer bestimmten Form der Schlafkrankheit leiden, aus dem Koma zu holen, aber der Effekt ist nur vorübergehend. Clemens ist wie einer dieser Patienten: Als Esperanza sein Haus verlässt, sackt er regelrecht in sich zusammen. Walter Kreye spielt beide Zustände, die Lebensfreude ebenso wie den Absturz ins schwarze Loch, mit großer Glaubwürdigkeit, zumal er auch die Momente des puren Glücks mit kleinen nachdenklichen Elementen durchsetzt.

Ähnlich differenziert ist das weitere Personal ausgefallen; allein Esperanza sprüht in der farbenfrohen Verkörperung durch Isabell Redfern nur so vor Lebensfreude und Rhythmus. Die meisten anderen Mitwirkenden leben nach dem Motto "Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu": Die verhärmte Martina wäre viel lieber Tierärztin geworden, hat sich aber dem Wunsch der Eltern gebeugt und BWL studiert; und ausgerechnet Oberintrigant Peter fühlt sich gar nicht wohl in seiner Haut, zumal er dauernd Krach mit seiner Tochter Sabrina kriegt. Clemens Enkelin ist die einzige, die ihrem Opa sein spätes Glück von Herzen gönnt. Ella Maria Gollmer, Anfang zwanzig, fügt sich mit einer für ihr Alter erstaunlichen Souveränität in die namhafte Darstellerriege ein. Zu der gehören außerdem noch Rebecca Immanuel als Peters Frau sowie Lisa Kreuzer als Clemens’ alte Freundin Agnes, die sich munter an den Intrigen beteiligt: weil sie seit fünfzig Jahren unter Liebeskummer leidet. In einem der berührendsten Momente des Films schaut sich Agnes ein Video an, das Sabrina aufgenommen hat. Es zeigt Clemens und Esperanza beim ausgelassenen Salsa-Tanz; erschüttert stellt Agnes fest, wie glücklich ihre große Liebe ist. Kreye hat eine ähnliche Szene, die genauso berührt: Beim Besuch einer Latino-Kneipe fällt sein Blick in einer Tanzpause in den Spiegel hinter der Bar; der alte Mann, den er erblickt, ist leider schon lange nicht mehr so jung, wie er sich fühlt.