"Bild"-Journalist als Sachbearbeiter in Flüchtlingsamt

"Bild"-Journalist als Sachbearbeiter in Flüchtlingsamt
Verdeckte Recherchen sind im Journalismus so selten wie spektakulär. Die "Bild" hat einen Reporter in das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingeschleust. Die Behörde reagiert betont unaufgeregt.

Frankfurt a.M. (epd). Die "Bild"-Zeitung hat einen Reporter in das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eingeschleust. Der 26 Jahre alte Abdullah Khan habe von Februar an vier Monate lang als Sachbearbeiter in einer Außenstelle der Behörde in Berlin gearbeitet, berichtete die Zeitung am Montag. Ziel sei es gewesen, angesichts des Staus unbearbeiteter Asylanträge die Arbeit des Bundesamtes unter die Lupe zu nehmen. Das Bundesamt wollte sich zunächst nicht zu den Recherchen äußern, teilte am späten Nachmittag auf epd-Anfrage aber mit, dass man die Berichterstattung "zur Kenntnis genommen" habe.

Vereinbarung von Verhaltensregeln

Khan wurde nach Angaben der Behörde nach einer zweiwöchigen Schulung bis Ende Mai als Sachbearbeiter in der Bescheidzustellung in der Außenstelle in der Bundesallee eingesetzt. Wie der Verlag Axel Springer auf Anfrage mitteilte, vereinbarten Chefredaktion und Rechtsabteilung mit dem Journalisten Verhaltensregeln für die Tätigkeit. Khan habe seine Aufgaben in der Behörde erfüllen sowie den Weisungen seiner Vorgesetzten folgen müssen. Daten aus dem Bundesamt würden nicht veröffentlicht, die Persönlichkeitsrechte der Antragsteller gewahrt.

Verdeckte Recherchen sind nach den Bestimmungen des Pressekodex, einer Selbstverpflichtung deutscher Medien, "im Einzelfall gerechtfertigt, wenn damit Informationen von besonderem öffentlichen Interesse beschafft werden, die auf andere Weise nicht zugänglich sind". Ende der 70er Jahre war die "Bild"-Zeitung selbst Ziel einer verdeckten Recherche. Der Journalist Günter Wallraff hatte sich unter dem Decknamen Hans Esser in die "Bild"-Redaktion in Hannover eingeschlichen, um die Arbeitsweise des Boulevardblattes offenzulegen.

Im ersten Teil seiner Serie über die Arbeit des Flüchtlingsamtes schilderte Khan am Montag, dass zwischen seiner Bewerbung und dem ersten Arbeitstag am 15. Februar 95 Tage vergangen seien. Seine Familie sei vor 40 Jahren aus Pakistan nach Deutschland gekommen, im Bewerbungsverfahren habe er mit Sprachkenntnissen beeindruckt.