Viel Arbeit auf der Wartburg

Foto: epd/Jens-Ulrich Koch
Viel Arbeit auf der Wartburg
In Eisenach ging der spätere Bibelübersetzer Martin Luther zur Schule
Eisenach und Luther, das ist für viele Wartburg und Bibelübersetzung. Dabei lebte der Reformator als Jugendlicher sogar drei Jahre lang in der Stadt; er bereitete sich dort auf sein Studium vor.

Zu den deutschen Lutherstädten gehört Eisenach. Besser gesagt, die Wartburg. Dass Martin Luther (1483-1546) hier im Winter 1521/22 das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzt hat, weiß fast jedes Kind. Etwa 350.000 Besucher kommen jedes Jahr auf die Wartburg. Die meisten hören dann enttäuscht, dass die Geschichte mit dem Tintenfleck nur eine schöne Legende ist: Der Reformator, da verstehen die Experten keinen Spaß, hat gar nicht mit dem Tintenfässchen nach dem Teufel geworfen.

Im nächsten Jahr werden es wohl noch mehr Touristen sein. Unter der Überschrift "Luther und die Deutschen" ist die Wartburg neben Wittenberg und Berlin der dritte Standort für die nationale Ausstellung "500 Jahre Reformation". Da hat es Eisenach schwer, mehr als nur die Stadt unter der Wartburg zu sein.

Als 15-Jähriger kam Luther nach Eisenach

Dabei wurde hier nicht nur Johann Sebastian Bach geboren, auch der jugendliche Luther verbrachte hier drei wichtige Jahre. 1498 bis 1501 bereitete er sich in Eisenach auf sein Studium in Erfurt vor. Es muss eine schöne Zeit gewesen sein, er selbst sprach immer wieder von seiner "lieben Stadt".

3.000 Einwohner lebten damals im Schutz dicker Mauern, erzählt Stadtführerin Alexandra Husemeyer. Eisenach ging es gut. Der Tuchhandel florierte, die Via Regia, die alte Königsstraße, führte durch die Stadt. Sieben Klöster gab es. Doch das waren nicht die Hauptgründe, den in Mansfeld aufgewachsenen 15-Jährigen nach einem kurzen Intermezzo in Magdeburg nach Eisenach zu schicken. Seine Mutter stammte von hier, der Vater aus dem nahen Möhra. Martin sollte wohl bei Verwandten unterkommen.

Doch die Zeugnisse sind äußerst rar. Da redet auch Jochen Birkenmeier nicht herum. Er ist der Chef des Lutherhauses, eines modernen Museums, das im Herbst 2015 nach umfangreichen Sanierungen wiedereröffnet wurde: "Wir können nicht mit Sicherheit sagen, ob er in den Lutherstuben unter dem Dach wirklich gewohnt hat."

Verbürgt ist, dass das Gebäude der Familie Cotta gehörte, bei der Luther logierte. Hier hilft die Legende weiter. Die Frau des Hauses, Ursula, soll von den Sangeskünsten des jungen Mannes, der sich als von Haus zu Haus ziehender Kurrendesänger kleines Geld verdiente, so begeistert gewesen sein, dass sie ihn in Logis nahm. Im Gegenzug soll Martin ihrem Sohn bei den Hausaufgaben geholfen haben. Das zeige doch, so Birkenmeier, dass Luther kein schlechter Schüler gewesen sein dürfte.

Die sehr gelungene Dauerausstellung "Luther und die Bibel" präsentiert auf drei Etagen unter anderem Gemälde (von Cranach und aus der gleichnamigen Schule), Prunkstücke des Römhilder Textilschatzes und das Kirchenbuch mit dem Taufeintrag Johann Sebastian Bachs. Dazu wird ein interaktiver Zugang zur Bibel und zum Übersetzen geboten. So lässt sich das deutsche Sprachengewirr erlauschen und der Versuch unternehmen, selbst die rechten Worte zu finden.

Der Totgeglaubte arbeitete fleißig

In wenigen Minuten lässt sich das Bachhaus erreichen. Nicht weniger interessant sind Deutschlands schmalstes historisches Wohnhaus mit 2,05 Meter Breite, der Flüsterbogen am Luther-Gymnasium und der "Luthererlebnispfad" hinauf zur Zugbrücke der Wartburg.

Luther selbst kam Anfang Mai 1521 zu Pferde auf die Burg. Auf der Rückreise vom Reichstag in Worms, wo er sich geweigert hatte, seine Lehre zu widerrufen, war er zum Schein entführt worden. Dem mit Kirchenbann und Reichsacht belegten Reformator drohte Gefahr für sein Leben. Also ließ ihn Kurfürst Friedrich der Weise verstecken. Das Manöver gelang so vorzüglich, dass viele Deutsche sogar glaubten, Luther sei umgebracht worden.

Wie Albrecht Dürer, erzählt Jochen Birkenmeier. Der Maler habe im Tagebuch notiert: "Oh Gott, ist Luther tot, wer wird uns hinfort das heilige Evangelium so klar vortragen? Ach Gott, was hätte er uns noch in 10 oder 20 Jahren schreiben mögen!"

Doch der Totgeglaubte arbeitete fleißig. Der Historiker Heinz Schilling schreibt in seiner Luther-Biographie von einer seiner "literarisch fruchtbarsten Phasen". Als "Junker Jörg" mit Bart und langen Haaren verfasste er Briefe, Predigten, Bibelkommentare, Pamphlete, schaltete sich in aktuelle Debatten ein und vermehrte seine Popularität. Zum Ende seines zehnmonatigen Aufenthalts übersetze er in wenigen Wochen das Neue Testament ins Deutsche. Zugleich hielt Luther auch engen Kontakt nach Wittenberg. Als dort Unruhen ausbrachen, kehrte er im März 1522 zurück.