Türkei: Mindestens 265 Tote und Hunderte Festnahmen bei Putschversuch

Türkei: Mindestens 265 Tote und Hunderte Festnahmen bei Putschversuch
Bei dem Putschversuch in der Türkei sind mindestens 265 Menschen ums Leben gekommen, wie es am Samstag aus Regierungskreisen in Ankara hieß. 1.154 weitere Menschen sind nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu verletzt worden. Es gab zudem Hunderte Festnahmen. Der Einsatz gegen die Putschisten in der Türkei ist Regierungskreisen zufolge weitgehend abgeschlossen. Vereinzelte Operationen würden aber noch einige Stunden andauern, sagte am Samstagmittag der Chef des Geheimdienstes MIT, Hakan Fidan, nach Angaben aus den Regierungskreisen.

Regierungskreisen zufolge inzwischen mehr als 1.500 mutmaßliche Umstürzler aus den Reihen der Streitkräfte festgenommen worden. Die Zahl liege mittlerweile bei 1.563, verlautete am Samstagmorgen. Fünf Generäle und 29 Oberste seien ihrer Posten enthoben worden.

Bei Luftangriffen der Putschisten auf das Parlament in Ankara ist das Gebäude der türkischen Nationalversammlung stark beschädigt worden. Auf Fernsehbildern waren am Samstagmorgen Trümmer, zerborstene Scheiben und gravierende Schäden am Mauerwerk zu sehen. Aus Regierungskreisen hieß es, die Umstürzler aus der Armee hätten zuvor sowohl Hubschrauber als auch F-16-Kampfflugzeuge unter ihre Kontrolle gebracht.

Ministerpräsident Binali Yildirim hat für Samstagnachmittag eine Dringlichkeitssitzung des Parlaments einberufen. Neben der regierenden AKP hatten auch alle drei im Parlament vertretenen Oppositionsparteien den Putschversuch verurteilt

Erdogan: Militär werde radikal gesäubert

Erdogan gab sich siegessicher. "Die Türkei wird nicht vom Militär regiert", sagte er und befahl, von Putschisten gekaperte Kampfjets abzuschießen. Das Militär werde radikal gesäubert.

In den Straßen von Ankara und der Metropole Istanbul waren in der Nacht Panzer aufgefahren. Menschen rannten in Panik davon, als Schüsse abgegeben wurden und Kampfjets im Tiefflug über die Innenstädte rasten. Einige kletterten auf Panzer und stellten sich Soldaten in den Weg, wie Fernsehbilder zeigten. In Istanbul ergaben sich Soldaten an der Bosporus-Brücke, in der Nähe des Taksim-Platzes führten Polizisten Soldaten in Handschellen ab.

EU-Ratspräsident Donald Tusk äußerte sich besorgt: "Die Lage scheint unter Kontrolle, aber die Situation ist weit von einer Stabilisierung entfernt."

Gekaperte Flugzeuge abschießen

Yildirim hatte das Militär in der Nacht angewiesen, von den Putschisten gekaperte Flugzeuge abzuschießen. Kampfjets mit einem entsprechenden Auftrag seien von der Luftwaffenbasis Eskisehir abgehoben, hieß es aus dem Präsidialamt. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu hatte gemeldet, in der Nacht sei ein Hubschrauber der Putschisten in Ankara von F-16-Kampfflugzeugen der regierungstreuen Truppen abgeschossen worden.

Sicherheitskräfte haben den türkischen Armeechef Hulusi Akar aus der Gewalt von Putschisten befreit. Das verlautete am Samstagmorgen aus Regierungskreisen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, zu der Befreiung des Generals sei es bei einer Operation auf einer Luftwaffenbasis nahe der Hauptstadt Ankara gekommen. Der Chef des Generalstabs sei in Sicherheit gebracht worden. Der Verbleib Akars war nach dem Beginn des Putschversuches zunächst unklar gewesen. Ministerpräsident Binali Yildirim hatte in der Nacht General Ümit Dündar kommissarisch zum neuen Militärchef ernannt.