Caritas: Staat muss Stromkosten im Regelsatz berücksichtigen

Caritas: Staat muss Stromkosten im Regelsatz berücksichtigen
Der Regelsatz der Hartz-IV-Leistungen berücksichtige nicht ausreichend die hohen Stromkosten. Es sei daher unvermeidlich, dass viele Hartz-IV-Empfänger Stromschulden anhäuften, sagte Verena Liessem vom Deutschen Caritasverband dem epd.
13.06.2016
epd
epd-Gespräch: Dirk Baas

Freiburg (epd). "Wir haben im Zuge des Caritasprojektes Stromspar-Check eine Studie gemacht, die diese finanzielle Unterdeckung exakt belegt." Demnach besteht in der höchsten Regelbedarfstufe ein Fehlbetrag von über sieben Euro je Monat.

Ausgewertet wurden der Expertin zufolge 22.000 Haushalte, die von den Caritasberatern aufgesucht wurden. Die empirischen Belege seien eindeutig. Die Politik müsse dringend handeln, forderte die Expertin für soziale Sicherung der Caritas: "Der Stromanteil im Regelbedarf muss auf Basis der tatsächlichen durchschnittlichen Stromkosten der Grundsicherungsempfänger berechnet werden." Das gelte auch für den Stromanteil in den Regelbedarfen für Kinder und Jugendliche. Zudem seien höhere Zuschläge erforderlich, um die Kosten der Aufbereitung von Warmwasser zu decken.

Stromanteil zu niedrig

Die geforderten Korrekturen müssten nach ihrer Ansicht in die anstehende Neubemessung der Regelbedarfe anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2013 einfließen. Der Gesetzentwurf dazu solle noch vor der Sommerpause vom Bundeskabinett verabschiedet werden, sagte Liessem.

Die Studie wurde vom Caritasverband gemeinsam mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) und dem Stromspar-Check erstellt, um den Stromkonsum von Grundsicherungsempfängern genau zu analysieren. Dabei wurden die tatsächlichen Stromkosten der Haushalte mit den Beträgen verglichen, die in den Regelbedarfen der Grundsicherung für Strom vorgesehen sind.

"Betrachtet man dabei den Gesamthaushalt, ist der Stromanteil im Regelbedarf zu niedrig", bringt die Expertin das Ergebnis auf den Punkt. Die größten monatlichen Differenzen gebe es in der Regelbedarfsstufe 1 (7,26 Euro), in der Stufe 2 (2,76 Euro) und der Stufe 3 (1,14 Euro).

Ein zweites wichtiges Ergebnis der Studie sei, dass die staatliche Unterstützung für die Kosten der Warnwasserbereitung deutlich zu niedrig sei. Der Mehrbedarf wird hier als prozentuale Aufschläge auf den Regelbedarf gewährt, wenn das Warmwasser zum Beispiel über einen elektrischen Boiler bereitet wird. "Diese Aufschläge decken den Mehrverbrauch bei weitem nicht." Die Differenz zum Mehrbedarf beträgt je Monat in der Regelbedarfsstufe 1 9,05 Euro, in der Stufe 6 immerhin noch 4,60 Euro.

Der Caritasverband fordert weitere Schritte im Kampf gegen Energiearmut. So sollte Haushalten mit geringem Einkommen kostenfreie Angebote für eine Energieberatung gemacht werden. Und: Stromsperren, die immer wieder verhängt werden, wenn die Energieschulden zu hoch sind, müssten vermieden werden.