Der Norden verzehrt zu viel Fisch

Der Norden verzehrt zu viel Fisch
Die Länder auf der Nordhalbkugel verzehren jährlich mehr Fisch, als ihnen eigentlich zusteht. Entwicklungsorganisationen warnen vor Überfischung und den Folgen des massiven Imports für die Menschen im "Globalen Süden".

Berlin (epd) Ob Victoriabarsch, Lachs, Thunfisch oder Kabeljau: Die meisten Fische, die bei uns auf den Tisch kommen, stammen nicht aus heimischen Gewässern und Meeren. Seit Montag ist der Verzehr von Fisch in Deutschland für dieses Jahr deshalb rein rechnerisch nur noch mit Hilfe von Importen möglich, wie Entwicklungsorganisationen wie "Brot für die Welt", Slow Food Deutschland oder Fair Oceans am Montag in Berlin mitteilten. Der Deutschland zustehende Jahresfang ist ab diesem sogenannten Fish Dependence Day aufgebraucht. In Italien mit seiner vielfach längeren Küste und ausgeprägteren Fischereitradition war der Fish Dependence Day in diesem Jahr bereits Ende Februar.

13,5 Kilo Fisch pro Kopf

Die Bundesrepublik gilt mit rund 1,1 Millionen Tonnen verzehrtem Fisch jährlich als einer der wichtigsten Märkte für Fischereiprodukte in der EU. Der Pro-Kopf-Verbrauch lag 2013 bei 13,5 Kilo. Der importierte Fisch komme dabei zum größten Teil aus den Ländern des "Globalen Südens", sagte Ursula Hudson von Slow Food Deutschland. Anders als im Norden sei für die Menschen dort Fisch die Hauptquelle für tierisches Eiweiß in der Ernährung. "Das ist ihr Fisch, der da bei uns auf den Teller kommt", sagte Hudson.

Durch Überfischung und illegale Fischerei würden die Lebensgrundlagen der Menschen in den Entwicklungsländern immer stärker zerstört. "Ein düstere Prognose sagt, wenn wir so weiter machen, sind Mitte des Jahrhunderts die Weltmeere leer", warnte Hudson.

Nach Angaben der Entwicklungsorganisationen werden mit Fischprodukten weltweit pro Jahr 130 Milliarden US-Dollar umgesetzt, so viel wie mit Tee, Reis und Kakao zusammen. Dementsprechend wichtig ist die Fischerei als Einnahmequelle für die Länder des Globalen Südens. Nach dem Erdöl nimmt sie sogar Platz zwei ein, sagte Kai Kaschinski von Fair Oceans.

Schlechte Bezahlung auf den Booten

Der Fischkonsum in den Industrieländern dürfe nicht zulasten der Menschen in Entwicklungsländern gehen, betonte der Referent für Agrarhandel und Fischerei bei "Brot für die Welt", Francisco Mari. Die EU und allen voran Deutschland müsse sicher stellen, dass importierter Fisch legal und nachhaltig gefangen wird.

Viele der Fische, die sich hierzulande großer Beliebtheit erfreuen, wie beispielsweise Thunfisch könnten sich die Menschen in den Erzeugerländern zumeist gar nicht leisten. Sie seien auf einfache, billige Arten wie Heringe angewiesen, die dann aber oft als Beifang von den Fischtrawlern wegen ihrer schlechteren Qualität wieder ins Meer geworfen werden. "Auch so werden die Fischbestände gemindert", sagte Mari. Dazu kämen häufig miserable Arbeitsbedingungen und schlechte Bezahlungen auf den Booten und in der verarbeitenden Industrie.