Bundesregierung: Pressefreiheit nicht verhandelbar

Bundesregierung: Pressefreiheit nicht verhandelbar
Zur türkischen Kritik an einer deutschen Satire über Präsident Erdogan hatte die Bundesregierung zunächst lange geschwiegen. Am Mittwoch verteidigte sie den NDR-Beitrag und stellte klar: Die Pressefreiheit ist nicht verhandelbar.

Berlin (epd) Nach harscher Kritik der Türkei an einem NDR-Satire-Beitrag über den Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan hat die Bundesregierung den Wert der Presse- und Meinungsfreiheit hervorgehoben. Sendungen wie die von türkischer Seite beanstandete gehörten aus Sicht der Bundesregierung selbstverständlich zur deutschen Medienlandschaft, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz am Mittwoch in Berlin. Sie seien von der Presse- und Meinungsfreiheit gedeckt und diese sei "nicht verhandelbar", betonte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts.

Ein Satire-Beitrag des NDR-Magazins "extra 3" über Erdogan hatte in den vergangenen Tagen für diplomatischen Wirbel gesorgt. Zur Melodie eines bekanntes Nena-Hits heißt es in "Erdowie, Erdowo, Erdogan" beispielsweise: "Er lebt auf großem Fuß, der Boss vom Bosporus". Auch die Situation der Pressefreiheit in der Türkei wird angesprochen: "Ein Journalist, der was verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast." Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes bestätigte am Mittwoch, dass wegen des Beitrags bereits am Dienstag vergangener Woche der deutsche Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, ins Außenministerium des Landes einbestellt worden war.

Klares Statement gefordert

Am Dienstag dieser Woche sollte Erdmann erneut zu einem Gespräch kommen, nachdem er am Freitag am Prozess gegen zwei "Cumhuriyet"-Journalisten teilgenommen hatte. Laut Außenamtssprecherin war Erdmann als Beobachter vor Ort, weil das Gerichtsverfahren aus deutscher Sicht von großem Interesse sei. Nach dem Bekanntwerden der Einbestellungen hatte die Bundesregierung zunächst geschwiegen. Am Mittwoch forderten schließlich deutsche Journalisten in der Bundespressekonferenz ein klares Statement.

Aus Sicht der Grünen zu spät. Die Bundesregierung habe viel zu lange geschwiegen, sagte die medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Tabea Rößner in Berlin. "Hier müssen der Türkei nicht nur unter dem Druck der Medien deutliche Grenzen aufgezeigt werden", sagte sie.

Das Verhalten Erdogans, der laut Medienberichten sogar eine Löschung des am 17. März ausgestrahlten Beitrags erreichen wollte, stieß zuvor bereits bei Außenpolitikern auf Unverständnis. Der SPD-Abgeordnete Niels Annen sagte im Deutschlandfunk, es gebe eine klare Haltung der deutschen Politik, dass die Medien in Deutschland unabhängig seien.

Internet

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), kritisierte die Einbestellung des deutschen Botschafters, stellte aber die Beziehungen zur Türkei beispielsweise bei der Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik nicht grundsätzlich infrage. Im "Morgenmagazin" des ZDF sagte er, nun müsse aber besonders genau darauf geachtet werden, ob rechtliche Garantien der Türkei zum Umgang mit Flüchtlingen eingehalten würden.

Das Video mit dem Satire-Beitrag wurde inzwischen 2,7 Millionen Mal im Internet abgerufen. "Extra 3"-Redaktionsleiter Andreas Lange sagte der "Braunschweiger Zeitung" (Mittwochsausgabe), dass Erdogan so wütend reagiere, bereite ihm Sorge. Der Forderung zur Löschung werde man aber nicht nachkommen. "Wenn Herr Erdogan so weiter macht, wird er noch einige Male bei Extra 3 auftauchen", sagte Lange. Die nächste Sendung sollte am Mittwochabend um 22.50 Uhr ausgestrahlt werden.