TV-Tipp: "Frau Pfarrer & Herr Priester" (ARD)

TV-Tipp: "Frau Pfarrer & Herr Priester" (ARD)
18.3., ARD, 20.15 Uhr: "Frau Pfarrer & Herr Priester"
Es ist schon erstaunlich, dass das Fernsehen nach wie vor immer wieder Geschichten über den Klerus erzählt, obwohl Religion und die beiden christlichen Kirchen im Leben vieler Menschen angeblich doch eine immer geringere Rolle spielen.

"Oh Gott, Herr Pfarrer" (ARD, 1988) und "Mit Leib und Seele" (ZDF, 1989-1993) sind zwar lange her, aber "Herzensbrecher – Vater von vier Söhnen" (ZDF, seit 2013) geht noch in diesem Jahr in die vierte Staffel. Auch die ARD-Tochter Degeto hat immer wieder ein Herz für Priester. Jan Fedder durfte als "Hafenpastor" auf St. Pauli sowie als Nordlicht in Bayern ("Die göttliche Sophie") gleich mehrmals in eine Soutane schlüpfen. In den Krimis mit Pfarrer Braun standen religiöse Fragen zwar nicht an erster Stelle, aber natürlich spielte der Glaube auch eine Rolle. Neben der Sehnsucht der Menschen nach Spiritualität hat die Beliebtheit der Pfarrergeschichten bei den Sendern vermutlich ganz pragmatische Gründe: Ähnlich wie in Arzt- oder Krankenhausserien machen sich die Hauptfiguren die Sorgen ihrer Mitmenschen derart zu eigen, dass ihre persönlichen Probleme dabei in den Hintergrund rücken. Außerdem sind sie dank ihres Engagements ohne Eigennutz perfekte Vorbilder.

Sie evangelisch - Er katholisch

Mit "Frau Pfarrer & Herr Priester" präsentieren Sylvia Leuker und Benjamin Röskau gleich zwei solcher Figuren, die schon allein deshalb Reihenpotenzial haben, weil sie evangelisch und er katholisch ist. Das Drehbuch übertreibt die religiösen Feinheiten zwar nicht, aber das Autorenpaar nutzt die Konstellation zu der einen oder anderen Auseinandersetzung über unterschiedliche Auffassungen in religiösen Fragen, zumal Seidl Jesuit ist und somit zur "Speerspitze des Glaubens" gehört. Ähnlich wie in romantischen Komödien verbindet die alleinerziehende Mutter Rieke Schmidt (Birge Schade) und den zwangsläufig alleinstehenden Toni Seidl (Martin Gruber) zunächst eine herzliche Abneigung, aber schließlich kämpfen sie gemeinsam für die gleiche Sache. Natürlich sind dem Priester, was die gegenseitige Zuneigung angeht, gewissermaßen die Hände gebunden, aber das schließt ja nicht aus, dass er in einer möglichen Fortsetzung in Konflikt mit dem Zölibat gerät.

Zugespitzt wird der Kontrast durch einen sozialen Faktor. Die Geschichte spielt in München-Bogenhausen; die Pfarrerin repräsentiert den eher prekären und überwiegend evangelischen Teil der Bevölkerung, der Pastor die wohlhabenden Katholiken. So sehen auch ihre Kirchen aus: Schmidts Gotteshaus ist protestantisch schlicht, Seidl darf in einer prunkvollen Barockkirche predigen. Er hat sein Amt gerade erst angetreten und gerät sogleich in einen Konflikt zwischen dem ebenso unsympathischen wie einflussreichen Wortführer des Kirchenrats, Gregor Häusler (Erwin Steinhauer), und der Pastorin: Im Rahmen der Ökumene unterstützt die katholische Pfarrgemeinde ein Jugendzentrum, das die katholischen Kinder aber gar nicht nutzen. Häusler will es abreißen lassen und stattdessen eine Seniorenresidenz errichten. Zur Überraschung der Pfarrerin setzt sich auch der katholische Kollege für den Erhalt der Freizeiteinrichtung ein, die für viele Kinder ein zweites Zuhause geworden ist. Die gemeinsame Initiative rückt allerdings angesichts eines Schicksalsschlags in den Hintergrund: Riekes Patentochter Jessica bricht aus heiterem Himmel zusammen. Im Krankenhaus stellt sich raus, dass sie Leukämie hat. Als die Chemotherapie scheitert, kann ihr nur noch eine teure Stammzellentherapie helfen. Weil es sich um eine neue Methode handelt, die noch nicht ausgereift ist, weigert sich die Krankenkasse, die Kosten zu übernehmen. Die Ablehnung kommt vom Direktor persönlich, und das ist niemand anders als der bigotte Häusler, dessen Anwalt außerdem einen Vorwand findet, um das Jugendzentrum fristlos zu schließen. Während Seidl bereit ist, das Unvermeidliche zu akzeptieren, nimmt Rieke den Kampf auf: für das Jugendzentrum und gegen das Sterben von Jessica.

Die Geschichte ist abwechslungsreich und wird nach dem fröhlichen Beginn immer dramatischer; wenn Thomas Ohrner als Radiomoderator zu Spenden für Jessica aufruft und anschließend "Tears In Heaven" spielt, einen Song, den Eric Clapton seinem verstorbenen Sohn gewidmet hat, ist der Rührungsfaktor ziemlich hoch. Die beiden Hauptfiguren sind interessant und glaubwürdig besetzt. Birge Schade überzeugt als Frau mit großem Herzen, die einen obdachlos gewordenen Nachbarn (Rainer Piwek) im warmen Heizungskeller wohnen lässt, und "Bergretter" Martin Gruber ist selbstredend ein fescher Priester, der sich nicht nur durch eine gewisse Bodenständigkeit auszeichnet, sondern auch ungeniert die Polizei anschwindelt, als die beiden auf Riekes Motorroller nicht mehr ganz nüchtern in eine Kontrolle geraten. Bloß die Umsetzung durch Serienregisseur Sebastian Sorger ist ein bisschen einfallslos. Ganz selten gibt es mal eine ungewöhnliche Einstellung. Dafür fließt die Kamera mitunter ein bisschen viel; ein visuelles Konzept ist trotzdem nicht erkennbar (Bildgestaltung: Jochen Stäblein). Auch die Führung der Nebendarsteller wirkt nicht immer souverän. Und dass Seidls Straßenstruppi die Handlung kommentieren darf, indem er sich beispielsweise eine Pfote über die Augen legt, ist zwar lustig, aber in der Regel kein Qualitätsmerkmal. Weitere Filme will man bei der Degeto nicht ausschließen, zunächst jedoch erst mal abwarten, wie gut "Frau Pfarrer & Herr Priester" beim Publikum abschneidet. Dabei ist schon allein die Idee der interkonfessionellen Schafkopfrunde mit Pastorin, Priester, Rabbi und Imam, die alle ihren Teil zu Jessicas Rettung beitragen, eine Fortsetzung wert.