Entsetzen über fremdenfeindlichen Mob in Clausnitz und Bautzen hält
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Entsetzen über fremdenfeindlichen Mob in Clausnitz und Bautzen hält an
Mindestens 118 Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte sind seit Jahresbeginn registriert worden. Die fremdenfeindlichen Vorfälle in Clausnitz und Bautzen sind da noch nicht mitgezählt. Die Bundesregierung verurteilte die Übergriffe in Sachsen.

Chemnitz, Berlin (epd)Nach den fremdenfeindlichen Krawallen in Sachsen haben die Behörden mit der Aufarbeitung der Vorfälle begonnen. Die Polizeidirektion Chemnitz setzte eine elfköpfige Ermittlergruppe zu den Vorfällen in Clausnitz ein. Die Bundesregierung verurteilte die fremdenfeindliche Vorfälle. "Was da in Clausnitz geschehen ist, ist zutiefst beschämend", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Die beiden großen Kirchen in Sachsen zeigten sich bestürzt.

Spezialisten der Kriminal- und Schutzpolizei sollen die Ereignisse im mittelsächsischen Clausnitz untersuchen, wie die Polizeidirektion Chemnitz mitteilte. In dem Dorf hatte ein pöbelnder Mob am Donnerstagabend einen Bus mit Flüchtlingen blockiert und versucht, den Einzug der Asylbewerber in eine neue Unterkunft zu verhindern. Die aggressiven Proteste, an denen sich rund 100 Menschen beteiligten, hatten bundesweit für Entsetzen gesorgt.

Leiter der Asylunterkunft in Clausnitz versetzt

Ermittlungen wurden auch im ostsächsischen Bautzen aufgenommen, wo bei einem weiteren Vorfall in der Nacht zum Sonntag Schaulustige beim Brand einer geplanten Flüchtlingsunterkunft applaudierten und versuchten, die Löscharbeiten zu behindern. Die Staatsanwaltschaft Görlitz will nun ein Ermittlungsverfahren gegen drei junge Männer einleiten, die zu den Störern gehörten.

Der Leiter der Asylunterkunft in Clausnitz wurde am Montag nach Angaben des zuständigen Landkreises Mittelsachsen versetzt. Er war wegen seiner AfD-Mitgliedschaft umstritten. Zudem soll laut einem Bericht des MDR sein Bruder die fremdenfeindlichen Proteste mitorganisiert haben. Für Empörung hatte auch das Verhalten der Polizei in Clausnitz gesorgt, die die verängstigten Flüchtlinge zum Teil mit Gewalt aus dem Bus holte.

Die Bundesregierung verurteilte die fremdenfeindlichen Vorfälle scharf. "Wie kaltherzig, wie feige muss man sein, um sich vor einem Bus mit Flüchtlingen aufzubauen und zu pöbeln und zu grölen, um den darin sitzenden Menschen, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, Angst zu machen", sagte Regierungssprecher Seibert.

Maas: Entschieden zu Wort melden

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) appellierte an die Mehrheit in der bürgerlichen Mitte, nicht länger zu schweigen. "Sie muss sich entschieden zu Wort melden, damit unsere gesellschaftliche Debatte nicht durch die Hetze und den Hass vergiftet wird", sagte Maas den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Dienstagsausgaben). Es dürfe nicht abgewartet werden, bis es den ersten Toten gebe.

Die Grünen im Bundestag haben wegen der fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Clausnitz und Bautzen eine Aktuelle Stunde beantragt. Auch die beiden großen christlichen Kirchen in Sachsen reagierten bestürzt auf die Vorfälle in Bautzen und Clausnitz. Der evangelische Oberlandeskirchenrat Peter Meis sagte, die verbale und psychische Bedrohung von schutzsuchenden Menschen dürfe nicht hingenommen werden. Auch der Diözesanadministrator des katholischen Bistums Dresden-Meißen, Andreas Kutschke, zeigte sich erschrocken und über die Feindseligkeit und "einen Hass von Teilen der Bevölkerung" gegenüber Flüchtlingen.

Mindestens 118 Angriffe

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums hat es seit Jahresbeginn mindestens 118 Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte gegeben. In 112 Fällen seien rechtsmotivierte Täter für die Übergriffe verantwortlich, teilte das Ministerium mit. Es handelte sich überwiegend um Gewaltdelikte (27 Fälle), Sachbeschädigungen (43 Fälle) sowie Propagandadelikte (31 Fälle). Zudem wurden 17 Brandstiftungen gezählt.

Die Zahlen umfassten die ermittelten Angriffe bis zum 15. Februar. Die Übergriffe in Clausnitz und Bautzen seien in der Statistik noch nicht inbegriffen.