Koalition nähert sich Einigung über Asylpaket

epd-bild/Sebastian Backhaus
Flüchtlinge in Passau.
Koalition nähert sich Einigung über Asylpaket
Nach Wochen des Streits will die Koalition nun eine Einigung über das zweite Asylpaket finden. Am Donnerstag steht eine Reihe von Spitzentreffen in Berlin an. Die Parteichefs von CDU, SPD und CSU beraten ebenso wie die Regierungschefs der Länder.

Berlin (epd)Die schwarz-rote Koalition scheint einer Einigung um das seit Wochen umstrittene Asylpaket näher zu kommen. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte der "Rheinischen Post" (Mittwochsausgabe), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und er hätten CSU-Chef Horst Seehofer einen konstruktiven Vorschlag zum Familiennachzug gemacht. "Am Donnerstag reden wir darüber. Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir uns einigen", sagte der SPD-Chef. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) äußerte sich am Mittwoch in Berlin optimistisch, dass "baldmöglichst, vielleicht morgen" ein Kompromiss zustande kommt.

Sonderkonferenz in Berlin

Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte am Mittwoch in Berlin, dass für Donnerstag ein Treffen der Parteichefs Merkel, Gabriel und Seehofer geplant ist. Gleichzeitig treffen sich an dem Tag auch die Ministerpräsidenten in Berlin zu einer Sonderkonferenz und im Anschluss mit Kanzlerin Merkel für Gespräche über die Flüchtlingspolitik. Im Raum stehende Änderungen, wie die Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer, wären im Bundesrat zustimmungspflichtig.

Im zweiten Asylpaket geht es nach ursprünglichen Plänen aber vor allem um drei Änderungen: die Schaffung spezieller Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber ohne Bleibeperspektive, niedrigere Hürden bei der Abschiebung Kranker und die Aussetzung des Familiennachzugs, die zwischen Union und SPD am heftigsten umstritten ist. Die Sozialdemokraten wollen Syrer von der Einschränkung, die für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus gelten soll, ausnehmen. Weil zwischenzeitlich die Verfahren geändert wurden und auch voraussichtlich ein Fünftel der Syrer in diese Gruppe fällt, ist das praktisch schwer umzusetzen. Die Union hält an der Aussetzung insgesamt aber fest.

Der Kompromiss könnte so aussehen, dass der Familiennachzug für alle subsidiär Schutzberechtigten für ein statt zwei Jahre ausgesetzt wird, dies dann aber auch für Syrer gilt. Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Christine Lambrecht, drang am Mittwoch auf eine Einigung. Die Kommunen warteten dringend auf die geplanten Registrierungszentren für Flüchtlinge.

Lob für Merkel

Die Landkreise hätten sich bereits eine Einigung am Mittwoch gewünscht. "Es kann doch nicht sein, dass das politische Tauziehen vollkommen aus den Augen verliert, dass die sich Tag für Tag zuspitzende Flüchtlingssituation in unserem Lande dringend nach wirksamen Maßnahmen zur Zuzugsbegrenzung verlangt", erklärte der Deutsche Landkreistag.

Stattdessen wurde dort die Änderung im Ausweisungsrecht für Ausländer auf den Weg gebracht. Bei einer Verurteilung wegen besonders schwerer Vergehen, darunter Tötung, Körperverletzung und Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, soll künftig eine Bewährungsstrafe für eine Ausweisung ausreichen. Gesenkt wird auch die Hürde, ab der eine Verurteilung die Anerkennung als Flüchtling verhindert. Dies soll künftig bei einer Freiheitsstrafe von einem statt drei Jahren der Fall sein.

Mit Spannung erwartet wird für Donnerstag auch, ob Kanzlerin Merkel und CSU-Chef Seehofer bei ihrem Streit um eine Obergrenze vorankommen. Sprecher Seibert bestätigte, dass der Brief aus Bayern, in dem mit einer Verfassungsklage gedroht wird, inzwischen in Berlin angekommen sei. Merkel erhielt derweil Lob für ihre Flüchtlingspolitik von der Holocaust-Überlebenden Ruth Klüger, die im Bundestag in Erinnerung an die NS-Opfer sprach. Deutschland, das vor 80 Jahren für die schlimmsten Verbrechen des Jahrhunderts verantwortlich gewesen sei, habe heute "den Beifall der Welt gewonnen". Vor dem Bundestag dankte sie Merkel für die "Großzügigkeit, mit der Sie syrische und andere Flüchtlinge aufgenommen haben und noch aufnehmen".