Flüchtlinge müssen auch in Deutschland ihr Bargeld abgeben

epd-bild/Sebastian Backhaus
Eine Polizistin spricht mit Flüchtlingen aus Syrien.
Flüchtlinge müssen auch in Deutschland ihr Bargeld abgeben
Über die Schweiz und Dänemark war die Empörung groß, weil diese Länder Flüchtlingen Bargeld abnehmen. Nun stellt sich heraus: Auch in Deutschland ist das gängige Praxis.

Berlin (epd)Flüchtlinge müssen auch in Deutschland ihr mitgeführtes Bargeld abgeben. Das Bundesarbeitsministerium bestätigte am Donnerstag in Berlin, dass Leistungen für Asylbewerber wie Sozialhilfe "nachrangig" sind. Vor dem Bezug muss also eigenes Vermögen aufgebraucht werden. Die "Bild"-Zeitung (Donnerstagsausgabe) hatte zuvor über die Praxis in Bayern und Baden-Württemberg berichtet, wo ankommenden Flüchtlingen Bargeld bis zu einer bestimmten Grenze abgenommen wird.

"Asylbewerber werden bei der Ankunft in den Aufnahmeeinrichtungen auf Dokumente, Wertsachen und Geld durchsucht", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) dem Blatt. Barvermögen und Wertsachen könnten demnach sichergestellt werden, wenn es mehr als 750 Euro seien. In Baden-Württemberg werde Geld über der Grenze von 350 Euro eingezogen. Das hessische Integrationsministerium teilte dem Evangelischen Pressedienst (epd) mit, dort gelte ein Freibetrag von 200 Euro.

Unterschiede zwischen den Ländern

Die Höhe fällt unterschiedlich aus, weil die Umsetzung des Asylbewerberleistungsgesetzes Ländersache ist. Es gilt für Flüchtlinge in der ersten Zeit in Deutschland und sieht Leistungen etwas unterhalb des Hartz-IV-Niveaus vor. Anerkannte und länger in Deutschland lebende Flüchtlinge werden wie Hartz-IV-Empfänger behandelt, die ebenfalls eigenes Vermögen aufbrauchen müssen, bevor sie Leistungen erhalten.

Auch die Umsetzung der Bargeld-Abnahme scheint in den Ländern unterschiedlich zu sein. "Bild" berichtete, dass in Baden-Württemberg und Bayern die Polizei das Geld abnimmt, dafür auch durchsucht. Das hessische Integrationsministerium erklärte, Asylbewerber würden bei der Registrierung nach den Vermögensverhältnissen befragt und müssten dazu eine schriftliche Erklärung abgeben. Das Bundesinnenministerium erklärte auf Anfrage, dass die Abnahme von Bargeld zumindest nicht Aufgabe der Bundespolizei sei.

Vermögen über dem Freibetrag wird in Hessen nach Angaben des dortigen Ministeriums eingezogen und quittiert. Daraus würden die Leistungen an den Asylbewerber finanziert. Verlässt der Asylbewerber die Erstaufnahme-Einrichtung des Landes und wird einer Kommune zugewiesen, werde übrig gebliebenes Vermögen der Kommune überwiesen.

Pro Asyl: Sensibel vorgehen

In der Schweiz müssen Flüchtlinge nach ihrer Einreise alle Vermögenswerte über 1.000 Franken (etwa 914 Euro) an die Behörden abgeben. Auch in Dänemark ist der Vermögenseinzug erlaubt. Diese Praxis hatte kürzlich für Aufsehen gesorgt.

In Deutschland ist es dabei längst auch Praxis. "Wer bei uns einen Asylantrag stellt, muss vor der Hilfegewährung grundsätzlich sein Einkommen und Vermögen aufbrauchen", sagte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), der "Bild"-Zeitung. Dazu zähle zum Beispiel auch der Familienschmuck. Als Asylbewerber habe man es "mitnichten besser als ein Hartz-IV-Empfänger", sagte Özoguz.

Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl bestätigte die Praxis und appellierte an Polizei und Behörden, beim Einsammeln sensibel vorzugehen. Es dürfe dabei auf keinen Fall der Eindruck entstehen, dass Willkür herrsche, sagte die rechtspolitische Referentin, Marei Pelzer. Grundsätzlich sei aber zu hinterfragen, ob sich die meist mittellosen Asylbewerber in den Erstaufnahmeeinrichtungen noch autonom bewegen könnten, wenn man ihnen kaum mehr Bargeld lasse.