Schwesig fordert Führungszeugnis für Personal in Asyl-Unterkünften

Schwesig fordert Führungszeugnis für Personal in Asyl-Unterkünften
Nach Krieg in der Heimat und langer Flucht kommen viele Kinder und Frauen traumatisiert in Deutschland an. Teilweise geht hier der Horror für sie weiter: Weil Rückzugsräume fehlen, werden sie Opfer von Gewalt. Der Bund will für mehr Schutz sorgen.

In deutschen Vereinen ist es längst Pflicht, in Flüchtlingsunterkünften noch nicht: das polizeiliche Führungszeugnis. Indem Haupt- und Ehrenamtliche es für ihre Arbeit mit Kindern vorlegen müssen, soll ausgeschlossen werden, dass einschlägig Vorbestrafte Minderjährige wieder zu Opfern machen. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will damit auch junge Flüchtlinge schützen. "Wir müssen rechtliche Schutzlücken schließen", sagte sie am Montag in Berlin. Sie setze sich dafür ein, das Führungszeugnis auch in Asyl-Unterkünften zur Pflicht zu machen.

Gemeinsam mit Vertretern des UN-Kinderhilfswerks Unicef stellte Schwesig Maßnahmen vor, die helfen sollen, den Schutz für Frauen und Kinder in Flüchtlingsunterkünften zu verbessern. Bis es ein Führungszeugnis gebe, das sie am liebsten im derzeit umstrittenen zweiten Asylpaket verankert sähe, könne man aber nicht warten, sagte sie. Man wisse von Fällen, in denen Frauen und Kinder auf der Flucht nicht ausreichenden Schutz erfahren haben, "auch in unseren Erstaufnahmeeinrichtungen", sagte Schwesig.

Die Ministerin verwies auf einen Bericht von Unicef, der Vergewaltigungen von Frauen, sexuelle Übergriffe sowie Gewalt gegen Kinder auch durch Personal und Helfer in deutschen Asylunterkünften beklagt. Dokumentiert seien bislang nur Einzelfälle, sagte Schwesig. Sie gehe davon aus, dass die Dunkelziffer wesentlich höher liegt.

Unicef: Jeder Tag ohne Bildung ist ein verlorener Tag

Helfen will Schwesig mit einem KfW-Förderprogramm mit einem Volumen von 200 Millionen Euro, über den Kommunen Kredite für Baumaßnahmen aufnehmen können, um Flüchtlingsunterkünfte kind- und familiengerechter zu machen. Es fehlten Schutz-, Rückzugs- und Spielräume, sagte der Geschäftsführer von Unicef Deutschland, Christian Schneider.

Er kritisierte vor allem die Situation in den Erstaufnahmeeinrichtungen, in denen auch Kinder bis zu sechs Monate lang ohne jegliche Privatsphäre ausharren müssten. Für Kinder sei diese Zeitspanne eine "kleine Ewigkeit", sagte Schneider. Jeder Tag ohne Bildung oder anregende Beschäftigung sei ein verlorener im Leben dieser Kinder, mahnte er.



Neben dem Förderprogramm soll Unicef in Flüchtlingsunterkünften beraten, auf Gefahren für Kinder und Frauen hinweisen und helfen, Schutzkonzepte zu entwickeln. Ein Team mit zwei Leuten soll im Januar die Arbeit beginnen. Schneider zufolge wollen sie zunächst 200 Einrichtungen erreichen.

Als dritten Punkt sieht Schwesigs Programm eine zusätzliche Förderung von Folteropferzentren vor, von denen den Angaben zufolge jedes Bundesland mindestens eines besitzt. Sie sollen jeweils eine Stelle mehr speziell für die Betreuung von Flüchtlingen bekommen, sagte Schwesig. In ihrem Haushalt sind dafür vier Millionen Euro eingeplant.