EU und Afrika vereinbaren «Aktionsplan» für Flüchtlingskrise

epd-bild/Igor Petyx
Im Mittelmeer gerettete Boat-People im Hafen von Palermo: Der beschlossene Aktionsplan sieht vor, illegale Migration intensiv zu bekämpfen.
EU und Afrika vereinbaren «Aktionsplan» für Flüchtlingskrise
Der EU-Afrika-Sondergipfel in Valetta hat einen Milliardenfonds auf den Weg gebracht, der zunächst 1,9 Milliarden Euro umfasst. Gemeinsam mit Regierungschefs von 35 afrikanischen Staaten verabschiedete die EU einen Aktionsplan gegen illegale Migration.

Valletta, Brüssel (epd)Mit Bekenntnissen zu mehr Zusammenarbeit und einer effizienteren Entwicklungshilfe ist in Malta der EU-Afrika-Sondergipfel zur Flüchtlingskrise zuende gegangen. Die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten unterzeichneten am Donnerstag in Valletta die Gründungsurkunde für einen Afrika-Treuhandfonds, der zunächst rund 1,9 Milliarden Euro umfasst. Gemeinsam mit Regierungschefs von 35 afrikanischen Staaten verabschiedeten sie zudem einen Aktionsplan. Dieser sieht unter anderem einen intensiveren Kampf gegen illegale Migration, Anreize für die Rückkehr von Migranten und Flüchtlingen und mehr Chancen für legale Arbeitsmigration vor.

Europäisch-afrikanisches Arbeitsamt

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte den Gipfel einen "Startpunkt eines längeren Prozesses", um illegale Migration zu bekämpfen. Das Treffen sei notwendig gewesen, "aber es liegt auch noch sehr viel Arbeit vor uns", räumte sie nach den Beratungen ein. Die europäische Seite habe sehr klar gemacht: "Unsere Zukunft liegt in der Legalität des Austausches und nicht in der Finanzierung von Schmugglern und Schleppern", berichtete die Kanzlerin.

Die Europäer sagen den afrikanischen Staaten unter anderem zu, die Zahl der "Erasmus"-Stipendien für Austauschstudenten und -akademiker zu verdoppeln. Sie wollen den Ländern auch mehr Informationen zukommen lassen, welche europäischen Staaten gerade welchen Bedarf an Arbeitskräften und Auszubildenden haben. Vor einigen Jahren war ein ähnliches Pilotprojekt für eine Art "europäisch-afrikanisches Arbeitsamt" in Mali gescheitert. Europa und Afrika wollen laut Aktionsplan außerdem darüber beraten, wie sich Visa-Prozeduren, der Familiennachzug und die Anerkennung von Ausbildungsnachweisen erleichtern lassen.

Im Gegenzug versprechen die afrikanischen Regierungen, mehr im Kampf gegen Schleppernetzwerke zu unternehmen und potenziellen Auswanderern sowie zurückgekehrten Migranten mit EU-Hilfe zuhause eine Perspektive zu verschaffen. Die Migration sei "ein ausgesprochen umstrittenes und komplexes Thema", unterstrich der Präsident des Senegal, Macky Sall. Der erreichte Kompromiss sei verbesserungsfähig, müsse aber jetzt umgesetzt werden. "Der geplante Treuhandfonds wird die Rückkehr von Migranten, aber auch Maßnahmen für Jobs und Einkommen in Europa finanzieren", sagte Sall.

Warnung vor wirkungsloser Gipfeldiplomatie

Die Hilfsgelder aus dem Treuhandfonds sollen in Länder der Sahelzone, des Tschadseebeckens, des Horns von Afrika und Nordafrikas fließen. Durch diese Gebiete verlaufen die wichtigsten Migrationsrouten von Afrika nach Europa. Ein wichtiger Bestandteil des Fonds sind auch Programme für eine bessere Grenzkontrolle und mehr Konfliktprävention. Die EU will unter anderem bei der Ausbildung von Sicherheitskräften helfen.

Ursprünglich hatte der EU-Kommission vorgeschwebt, dass die 28 EU-Staaten zu den 1,8 Milliarden Euro aus Brüsseler Töpfen noch einmal dieselbe Summe aus den nationalen Budgets beisteuern. Mit dieser Forderung scheiterte sie jedoch. Bisher haben 25 EU-Staaten sowie Norwegen und die Schweiz zusammen erst rund 81 Millionen Euro in Aussicht gestellt. "Im Interesse der Glaubwürdigkeit des Treuhandfonds und unserer Maßnahmen" verlange er ein stärkeres Engagement der EU-Regierungen, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Die Entwicklungsorganisation Oxfam warnte vor "Lippenbekenntnissen" und wirkungsloser Gipfeldiplomatie. "Die Gipfelerklärung lässt ernste Zweifel zurück, wie Europa in der Praxis das Leben der Menschen in Afrika verbessern will", rügte die Organisation in Brüssel. Sie zeigte sich unter anderem besorgt darüber, dass Entwicklungshilfe und Unterstützung bei der Errichtung von Grenzschutzanlagen in Afrika vermischt werden könnten. Es dürfe auch nicht passieren, dass künftig die Zahlung von Entwicklungsgeldern an die Kooperation afrikanischer Staaten bei Grenzkontrollen geknüpft würde, warnte Oxfam.