Wird die Automobilindustrie nach dem VW-Skandal umweltfreundlicher?

epd-bild / Gustavo Alabiso
Verkehr auf der A5 bei Karlsruhe. Experten bezweifeln, dass die Industrie nach dem VW-Skandal auf umweltfreundlichere Modelle setzt.
Wird die Automobilindustrie nach dem VW-Skandal umweltfreundlicher?
Auto-Experte Dudenhöffer erwartet keine ökologische Wende
Der Diesel-Betrug des VW-Konzerns sorgt weltweit für Empörung. Mit ihm kam wieder die Umweltbelastung durch Autos in die Schlagzeilen. «Die VW-Krise kann deshalb eine Chance für grüne Autos sein», hofft daher der ökologische Verkehrsclub Deutschland.

Frankfurt a.M. (epd)Manipulierte Abgaswerte, aber ökologisch klingende Nachhaltigkeitsziele - die immer neuen Details über das Geschäftsgebaren des VW-Konzerns zeigen auch eins: Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Umweltbewusstsein waren für zentrale Teile des Automobilherstellers nicht mehr als Stichworte für wohlfeile Erklärungen.

Diese Einstellung beobachtet der Verkehrsclub Deutschland generell in der Automobilbranche: "Klimaschutz gilt als Klotz am Bein und nicht als lohnendes Geschäft", sagt Anja Smetanin, Sprecherin beim Verkehrsclub Deutschland (VCD). Bei der Entwicklung spritsparender Fahrzeuge blieben deutsche Autobauer seit Jahren "weit unter ihrem technischen Potenzial", sagt Smetanin. "Es besteht bei den Konzernen kaum Interesse an umweltfreundlichen Autos."

Klimafreundliche Autos kaum gefragt

Der ökologisch ausgerichtete Verkehrsclub sieht die VW-Krise deshalb auch als Chance für "echte grüne Autos", weil Öffentlichkeit und Politik durch den Skandal aufgerüttelt seien, sagt die Sprecherin. "Die Kunden erwarten jetzt, dass der Vorstand das Unternehmen nachhaltig aufräumt und die Firma einiges verändern wird, um das Vertrauen der Verbraucher wiederzugewinnen."

Dass es bei der neuen Firmenpolitik um mehr umweltfreundliche Automodelle gehen wird, bezweifelt Automobilwirtschaftsforscher Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen allerdings. "Volkswagen wird firmenintern etwas ändern und das auch nach außen tragen", sagt der Direktor des Center Automotive Research (CAR). "Grüner wird dadurch aber weder die Branche noch der Konzern, auch wenn es bei dem Skandal um manipulierten Klimaschutz ging."

Tatsächlich sind klimafreundliche Autos in Deutschland am Markt alles andere als erfolgreich. Das zeigt auch ein Blick auf die Auto-Umweltliste des VCD: Als umweltfreundlichstes Auto gilt hier der Hybridwagen Lexus CT 200h von Toyota, gefolgt vom Kleinwagen Peugeot 208 in der Dieselversion. Auf Platz drei finden sich der VW Up, der Seat Mii und der erdgasbetriebene Skoda Citigo. Gepunktet wird bei dem Ranking besonders durch niedrigen Kraftstoffverbrauch, bewertet werden auch der Schadstoffausstoß und die Lärm-Emission.

Motorleistung steigt seit Jahren

Verkauft werden diese Fahrzeuge aber selten: Ganze 147 Mal wurde das Siegermodell in Deutschland zwischen Januar und August 2015 neu zugelassen - bei insgesamt mehr als zwei Millionen Neuzulassungen allein in acht Monaten ein Marktanteil von null Prozent. Der Peugeot 208 kommt im gleichen Zeitraum auf einen Anteil von 2,7 Prozent bei den Neuzulassungen, längst nicht alle der Fahrzeuge gehören aber zur als umweltfreundlich ausgezeichneten Dieselversion.

"Die Modelle der Umweltliste sind am Markt kaum existent", sagt Dudenhöffer. Diesel-Kleinwagen, auf die deutsche Hersteller im Ökosegment am häufigsten setzten, seien im Betrieb zu teuer, sagt der Professor. Und: Für deutsche Verbraucher sei Umweltschutz beim Autokauf weniger wichtig als Leistung. "Den Ausschlag für den Kauf gibt die Ökobilanz eines Wagens nur selten."

Das liegt vor allem an der Modellpolitik der deutschen Automobilindustrie, wie eine aktuelle Studie der Hochschule Trier im Auftrag des Verkehrsclubs und der Umweltorganisation BUND zeigt: Motorleistung und Gewicht der Automodelle nehmen seit Jahren kontinuierlich zu. Dadurch bleibe die Umweltbelastung durch Autos quasi gleich, auch wenn die Motoren Kraftstoff technisch besser verwerten können. Auch das Statistische Bundesamt stellte erst im Juni fest, dass auf deutschen Straßen zwölf Prozent CO2-Einsparungen möglich gewesen wären - hätte sich die PS-Zahl der Autoflotte insgesamt nicht erhöht. So aber werden CO2-Einsparungen von nur 1,6 Prozent erreicht.

Vom Gesetzgeber fordern die Umweltschützer des VCD strengere CO2-Grenzwerte und strengere Messverfahren für Schadstoffwerte: "Der VW-Skandal ist hier die Chance, grundsätzlich Schlupflöcher zu schließen, die dem Klimaschutz schaden."