TV-Tipp des Tages: "Tatort: Die Ballade von Cenk und Valerie" (ARD)

iStockphoto
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Die Ballade von Cenk und Valerie" (ARD)
TV-Tipp des Tages: "Tatort: Die Ballade von Cenk und Valerie", 6. Mai, 20.15 Uhr im Ersten
Ein starker Abgang: Der letzte Auftritt von Cenk Batu ist nicht nur großes Fernsehen, der Thriller sprengt auch die Grenzen des Sonntagskrimis.

Die kurzen Einschübe machen von Anfang an deutlich, dass diese Geschichte kein gutes Ende nimmt wird; erst recht nicht, als klar wird, dass sich Cenk Batu diesmal mit gleich zwei übermächtigen Gegnern anlegt. "Die Ballade von Cenk und Valerie" ist der sechste und letzte "Tatort" mit dem großartigen Mehmet Kurtulus. Beim NDR wird man nicht müde zu betonen, die Initiative zur Trennung sei von dem Schauspieler ausgegangen. Also war es das Mindeste, allen Beteiligten und vor allem dem Helden einen starken Abgang zu bieten. Dies wiederum ist allerdings derart gut gelungen, dass der Film einige der sonntägigen Stammzuschauer etwas verstören könnte. Die Geschichten über den verdeckten Ermittler haben sich ja ohnehin von Anfang an deutlich vom üblichen Sonntagskrimi unterschieden: Batus Aufgabe war es nicht, Morde aufzuklären; er sollte Organisationen von innen heraus zerstören und auf diese Weise Verbrechen verhindern.

Diesmal wird Cenk Batu in eine Bank eingeschleust

Es gab einen Regierungswechsel, der neue Kanzler hat sich vorgenommen, die Spekulationsgeschäfte der Geldinstitute zu unterbinden. Batus  Gegner haben sich allerdings die Dienste einer Verbündeten gesichert, die nicht lange braucht, um den schwachen Punkt des "under cover"-Ermittlers zu entdecken: Profikillerin Valerie war einige Jahre aus dem Geschäft, hat aber nichts verlernt. Sie nimmt Batu aus dem Spiel, indem sie seine Freundin Gloria (Anna Bederke) entführt, und zwingt ihn dazu, jenen Auftrag auszuführen, den man ihr übertragen hat: den Kanzler (Kai Wiesinger) ermorden. Nun muss Batu es nicht nur mit der Killerin, sondern auch mit dem Staatsschutz aufnehmen.

Buch und Regie des Abschiedskrimis haben der NDR und seine Produktionstochter Studio Hamburg Matthias Glasner übertragen, und damit war klar, dass dieser Film anders werden würde; weil Glasners Werke ("Der freie Wille") grundsätzlich anspruchsvoll und unkonventionell sind. Bestes Beispiel dafür ist Batus Gegenspielerin, vermutlich eine der schrägsten Figuren, die Glasners Stammspielerin Corinna Harfouch je verkörpert hat: Valerie ist ein Genie mit erheblichen emotionalen Defiziten. Die Besonderheit der Figur äußerst sich nicht nur in ihrem seltsamen Verhalten, sondern auch in der Wahrnehmung, die Glasner immer wieder comicartig verfremdet. Ohnehin trägt die Bildgestaltung (Jakub Bejnarowicz) enorm zur Dichte des Films bei, weil Batu diesmal noch mehr unter Strom steht als sonst und die Kamera ihm dauernd auf den Fersen bleiben muss. Entsprechend aufwändig wirken die Bilder, zumal die Schauplätze ständig wechseln. Glasners große Kunst besteht darin, die Szenen aller Dynamik zum Trotz mit einer gewissen Melancholie zu unterlegen.

Autor:in
Keine Autoren gefunden

Abgesehen davon fesselt der Film schon allein durch seine mehreren Spannungsebenen, denn trotz der Zeitsprünge, die Batu blutend auf einer Trage zeigen, gibt man natürlich die Hoffnung nicht auf, dass er und Gloria, die zudem schwanger ist, die Sache unbeschadet überstehen. Corinna Harfouch bewegt sich ohnehin wie ein Alien durch die Geschichte: Valerie ist ganz entschieden nicht von dieser Welt, was für entsprechende Friktionsmomente sorgt, wenn sie sich mit normalen Menschen abgibt. Und weil ohnehin so vieles anders ist als in anderen Sonntagskrimis, verkraftet der Film auch einen Abstecher ins absurde Theater, als sich Batus Chef (Peter Jordan) in die Bank begibt und schockiert erkennt: Das Schicksal des Planeten liegt in den Händen einer Ansammlung verhaltensgestörter, gieriger junger Leute.

Natürlich ist der bissige Seitenhieb auf die Welt der Geldgeschäfte plakativ, aber er illustriert perfekt ihre Maxime: Die Bank gewinnt immer; wenn auch nicht in dieser Geschichte. Das muss allerdings nicht automatisch bedeuten, dass statt dessen das Gute siegt.