Arzt als Helfer beim "friedlichen Entschlafen"

Arzt als Helfer beim "friedlichen Entschlafen"
Vierte Abgeordnetengruppe legt Entwurf in Sterbehilfe-Debatte vor
Nicht Vereine, sondern Ärzte sollen leidenden Patienten beim Sterben helfen. Davon ist eine Abgeordnetengruppe überzeugt. Am Mittwoch präsentierte sie ihre Pläne. Damit liegen nun alle Entwürfe für die Sterbehilfe-Debatte im Bundestag vor.

In der Debatte um den Umgang mit der Hilfe bei der Selbsttötung hat eine vierte Gruppe im Bundestag ihre Pläne vorgelegt. Am Mittwoch präsentierten die Abgeordneten um Peter Hintze (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) in Berlin ihren Entwurf, der Ärzten die Hilfe bei der Selbsttötung ausdrücklich erlauben soll. Es gebe immer mehr Menschen, die Angst vor dem Sterben hätten, sagte Lauterbach. Ärzte sollte es erlaubt sein, ihnen beim "friedlichen Entschlafen" zu helfen, sagte Hintze. Medizinern untersagt derzeit in der Regel das Standesrecht eine Hilfe beim Suizid, die ansonsten für jeden straflos ist.

Weil der Gesetzgeber nicht das eigenständige Standesrecht der Ärzte verändern kann, will die Gruppe um Hintze und Lauterbach durch eine Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch vor Sanktionen durch das Standesrecht schützen. Der Entwurf der Gruppe sieht Bedingungen für die ärztliche Unterstützung bei der Selbsttötung vor: So muss der Patient an einer unheilbaren Krankheit leiden, die unumkehrbar zum Tod führt, zudem volljährig und einwilligungsfähig sein. Dies schließt psychische Leiden aus. Ein zweiter Arzt muss die Entscheidung bestätigen. Zuvor muss eine Beratung über Möglichkeiten der Palliativmedizin stattgefunden haben.

Suizidbeihilfe als Gewissensentscheidung

Die Hilfe beim Suizid wäre dem Entwurf zufolge immer eine Gewissensentscheidung, also freiwillig. Lauterbach äußerte sich überzeugt, dass sich genügend Ärzte finden würden, die todkranke Patienten den Sterbewunsch auf diese Art erfüllen. Lauterbach sagte, es gehe um rund 500 Fälle im Jahr, denen die Hospiz- und Palliativmedizin nicht helfen könne.

Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) sagte, der Entwurf der Gruppe sei der bislang einzige, der keine Verschärfungen im Strafrecht vorsehe und trotzdem Rechtssicherheit gebe. Derzeit gibt es drei weitere Vorschläge für Gesetze. Zwei Anträge zielen auf ein strafrechtliches Verbot jeder oder zumindest jeder "geschäftsmäßigen", das heißt organisierten Suizidbeihilfe. Eine Gruppe um Renate Künast (Grüne) plädiert dagegen für eine Erlaubnis der umstrittenen Sterbehilfeorganisationen, auf die die Verbote zielen. Allerdings will sie Organisationen unter Strafe stellen, die mit ihrer Unterstützung beim Suizid Gewinn erzielen wollen.

Hintze sagte, strafrechtliche Regelungen könnten dazu führen, dass jeder ärztlich assistierte Suizid künftig zum Fall für den Staatsanwalt werde. An das Krankenbett gehörten aber Angehörige und Ärzte, nicht Staatsanwälte.

Die SPD-Abgeordnete Reimann sagte, sie sei überzeugt, dass durch eine Erlaubnis für Ärzte auch den umstrittenen Sterbehilfe-Organisationen die Grundlage entzogen würde. "Wir schaden den Sterbehilfevereinen mehr als Strafrechtsverschärfungen", sagte sie.

Zu den Unterstützern des Antrags gehören unter anderem auch der Rechtspolitiker Burkhard Lischka (SPD), die ehemalige Bundesfamilienministerin Christian Schröder (CDU) und Dagmar Wöhrl (CSU). Die Gruppe will auch bei der Opposition noch um Unterstützung werben, sagte Hintze. Die für den Herbst geplante Abstimmung im Bundestag über eine Regelung soll ohne Fraktionszwang erfolgen.

Selbsttötung bisher nicht strafbar

Sterbehilfevereine in Deutschland nutzen derzeit den rechtlichen Grundsatz, nach dem die Hilfe bei der Selbsttötung wie der Suizid selbst nicht strafbar ist. Dabei werden einem Sterbewilligen beispielsweise todbringende Medikamente überlassen, die er selbst einnimmt. Sie unterscheidet sich damit von der Tötung auf Verlangen, bei der Medikamente direkt verabreicht werden. Sie steht in Deutschland unter Strafe.