Angeklagter sagt im Lüneburger NS-Kriegsverbrecher-Prozess aus

Angeklagter sagt im Lüneburger NS-Kriegsverbrecher-Prozess aus
Zum Auftakt eines der letzten großen NS-Kriegsverbrecherprozesse hat sich am Dienstag vor dem Landgericht Lüneburg der Angeklagte Oskar Gröning selbst geäußert.

Der heute 93-Jährige war in Auschwitz als SS-Unterscharführer für das Gepäck der verschleppten Menschen auf der Bahnrampe mit zuständig. Er verbuchte auch das Geld, das sie bei sich hatten. Die Staatsanwaltschaft Hannover wirft dem Mann aus der Lüneburger Heide vor, im Frühjahr 1944 in dem Konzentrationslager Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen geleistet zu haben.

Gröning sagte zu Beginn seiner Einlassung: "Zu den Vorfällen selbst kann ich nichts sagen, weil ich nicht dabei war. Das betraf nicht meinen Arbeitsbereich." Zum Ende einer ausführlichen Beschreibung seines Lebensweges und seiner Tätigkeit in Auschwitz räumte er jedoch eine moralische Mitschuld ein: "Zu dieser moralischen Schuld bekenne ich mich auch hier mit Reue und Demut vor den Opfern." An das Gericht gewandt fügte er hinzu: "Über die juristische Schuld müssen Sie entscheiden."



Als Mitarbeiter der Häftlingsgeldverwaltung habe er zeitweise an der Rampe, an der die Häftlinge ankamen, das Gepäck bewacht. "Unsere Aufgabe war es, Diebstähle zu verhindern", sagte Gröning. "Mit der Bewachung der Häftlinge hatten wir nichts zu tun."

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft hat er Spuren der Massentötung verwischt, indem er half, Gepäck wegzuschaffen. Er habe wissentlich Hilfeleistungen zum Mord geleistet, sagte Staatsanwalt Jens Lehmann. "Durch seine Tätigkeit unterstützte der Angeklagte das fortlaufende Tötungssystem."

Der Prozess war am Dienstag unter großem internationalen Interesse eröffnet worden. Mehr als 60 Nebenkläger sind beteiligt. Im Gerichtssaal hörten fünf von ihnen zu, die selbst das Lager Auschwitz durchlitten oder dort Angehörige verloren haben.