EU-Asylexperte: Flüchtlingszentren außerhalb Europas vorstellbar

EU-Asylexperte: Flüchtlingszentren außerhalb Europas vorstellbar
Der Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), über Flüchtlingszentren außerhalb Europas nachzudenken, bekommt Unterstützung von EU-Experten. "Ideen dieser Art haben Potenzial", sagte Robert Visser, Leiter der EU-Asylbehörde EASO mit Sitz in Malta, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Sie sind nicht schwarz oder weiß, gut oder schlecht. Wir sollten sie nicht von vorne herein vom Tisch wischen, sondern anhand konkreter Modelle darüber diskutieren.
31.12.2014
epd
Isabel Guzmán

"De Maizière hatte seinen Vorschlag im Herbst angesichts der hohen Zahl von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer in den Raum gestellt. Er zielt darauf ab, eindeutig schutzbedürftige Menschen zu ermitteln und ihnen eine sichere Einreise nach Europa zu ermöglichen. Ideen dieser Art werden schon seit Jahrzehnten immer wieder debattiert. Sie stießen jedoch stets auf heftige Kritik von Menschenrechtlern, die unter anderem argumentieren, dass Europa seine Zuständigkeiten beim Flüchtlingsschutz nicht in andere Länder auslagern dürfe - schon gar nicht in solche mit demokratischen Mängeln.

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Visser, dessen Behörde die Aufgabe hat, die EU-Länder beim Aufbau funktionierender Asylsysteme zu unterstützen, sprach sich nun für eine differenzierte Diskussion aus. Es gebe in der Realität bereits ein Modell, das in eine ähnliche Richtung gehe wie de Maizières Vorschlag, sagte der Jurist aus den Niederlanden. Dabei handele es sich um das sogenannte Resettlement, das sich eventuell weiterentwickeln lasse, erläuterte er. Beim Resettlement macht das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR besonders hilfsbedürftige Menschen in Krisengebieten ausfindig - oft in Flüchtlingslagern in der Region - und vermittelt sie in aufnahmewillige Länder.

In Europa gibt es derzeit lediglich rund 5.000 Resettlement-Plätze pro Jahr, dazu kommen einige Sonderprogramme für Flüchtlinge aus Syrien. "Wir würden uns beim Resettlement in einem Kontext bewegen, mit dem wir schon Erfahrungen haben", argumentierte Visser. Würden hingegen weitgehend neue Modelle entworfen, müssten diese juristisch sehr fein ausgearbeitet werden. "Wir brauchen dann sehr umsichtige Definitionen. Was in einem Land funktionieren würde, könnte vielleicht im nächsten nicht funktionieren. Wir müssen genau wissen, was wir wollen."

Visser erwartet Verbesserungen

Die Debatte erinnere ihn an Diskussionen vor 15 oder 20 Jahren, sagte Visser. Im Moment sei die globale Lage aber außerordentlich schwierig. Es gebe die Krisen in Syrien und im Irak, die schwierige Situation in Afghanistan und die Probleme auf dem Horn von Afrika. "Es könnte daher mehr Bereitschaft geben, in neue Richtungen zu denken."

Für Flüchtlinge, die es aus eigener Kraft nach Europa schaffen, erwartet Visser in der nächsten Zeit einige Verbesserungen. Bis zum Juli 2015 müssten die EU-Länder die kürzlich verabschieden Regeln zur Weiterentwicklung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems GEAS umsetzen, erläuterte er. Wenn dies korrekt geschehe, werde es in vielen EU-Staaten zum Beispiel höhere Standards bei der Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden geben.