Katholischer Theologe: Konzept der unauflöslichen Ehe ist überholt

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Katholischer Theologe: Konzept der unauflöslichen Ehe ist überholt
Für nicht mehr zeitgemäß hält der katholische Theologe Magnus Striet die kirchliche Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe. Alles, was Menschen lebten und versprächen, bleibe fragmentarisch, schreibt er in einem Beitrag für die aktuelle "Zeit"-Beilage "Christ & Welt".

 "Niemand liebt, weil er muss oder dies einmal versprochen hat." Die Gefühlswelt sei komplizierter und weniger zu kontrollieren, "als dies eine in Rechtskategorien denkende Theologie meint", argumentiert Striet, der in Freiburg lehrt. Diese werde nicht nur der Realität nicht gerecht, sondern reiche auch nicht an die Praxis Jesu heran.

In der katholischen Kirche gibt es gegenwärtig eine heftige Diskussion um die mögliche Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten. Nach katholischem Verständnis gilt eine zweite Heirat als Ehebruch, der den Ausschluss etwa von der Eucharistie zur Folge hat. Bei der jüngsten vatikanischen Bischofsversammlung gab es offenkundig eine Mehrheit für Veränderungen in dieser Frage; Entscheidungen soll es im Herbst 2015 geben. Denkbar ist eine Prüfung im Einzelfall. Am Konzept der Unauflöslichkeit der Ehe will die Kirche hingegen nach Maßgabe des Neuen Testaments (Matthäus 19,4-6) festhalten.

Striet: Vor dem biologischen gebe es den emotionalen Tod

Man müsse das "eingeübte Kirchenvokabular nicht verengt lesen", schreibt Striet. Er wirbt für die "Perspektive eines Gottes, der Freiheit will, sich an ihr erfreut, der aber auch um die Grenzen des Menschen weiß". Zwar heiße es im Eheversprechen: "Bis dass der Tod uns scheidet." Allerdings gebe es auch den emotionalen Tod vor dem biologischen Tod. "Im Hinblick auf das Scheitern von Beziehungen bedeutet dies: Es wird auf Gott gehofft, dass er das gewollte und dann doch gescheiterte gemeinsame Leben zu einem versöhnlichen Ende führt", ergänzt der Wissenschaftler.

Historisch betrachtet habe die Theologie dem Menschen nie viel Freiheit zugetraut, führt Striet aus. Stattdessen habe sie immer wieder betont, "wie stark der Mensch von der Versuchung durch die Sünde bestimmt sei". Nur bei Sexualität und Ehe solle er dann aber vollkommen frei über sich verfügen können. "Unaufgeklärter kann man nicht über Liebe reden." Im gesellschaftlichen Fitnesswahn unterliege der Körper dem freien Willen, man müsse eben trainieren, um gesund zu bleiben", erläutert der Theologe. Im katholischen Eherecht sei es dagegen die Liebe, "die eine Frage der Anstrengung ist".