Ebola erzeugt Hunger

Ebola erzeugt Hunger
Die Folgen der Epidemie sind ion der Wirtschaft über Westafrika hinaus zu spüren. Mancher Investor meidet den ganzen Kontinent, weil er glaubt: Afrika hat Ebola.
19.11.2014
epd
Elvira Treffinger

Quarantäne und Straßensperren, Krankheit und Tod: Wo das Ebola-Virus wütet, liegen Landwirtschaft und Handel darnieder. Lähmende Angst grassiert, und die meisten Grenzen sind geschlossen. Selbst die Versorgung mit dem Grundnahrungsmittel Reis ist in den westafrikanischen Krisenländern schwierig geworden.

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"Der Ebola-Ausbruch ist nicht nur eine Gesundheitskrise, sondern hat auch schwerwiegende Folgen für die Ernährungslage", sagt Jean Senahoun vom Frühwarnsystem der UN-Landwirtschafts- und Ernährungsorganisation (FAO) in Rom am Rand der am Mittwoch eröffneten Welternährungskonferenz. "Ebola erzeugt Hunger", sagt er. Mehr als 14.400 Menschen haben sich infiziert, davon sind fast 5.200 gestorben. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher sein.

Schätzungen zufolge fielen die Ernten in den drei Ebola-Krisenländern in diesem Jahr beträchtlich niedriger aus: In Liberia fuhren die Bauern 10 bis 15 Prozent weniger ein, in Sierra Leone 8 bis 10 Prozent und in Guinea 5 Prozent. Aber auch die Importe kommen nicht mehr so einfach ins Land und können nicht verteilt werden. Dabei musste Liberia bisher schon 60 Prozent seines Reisbedarfs einführen.

"Uns bleibt nichts. Das ist das Gesicht von Ebola"

Dass die Ebola-Epidemie die gesamte Wirtschaft ins Stocken bringt, verschlechtert die Ernährungslage zudem. Viele Menschen verlieren ihre Jobs. Mancher Handwerker geht nicht mehr zur Arbeit, manche Händlerin nicht mehr zum Markt, weil sie Angst vor Ansteckung haben. Oder sie verdienen weniger und haben deshalb Mühe, ihre Familie zu ernähren.

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Nancy Morris, Generalsekretärin einer Landfraueninitiative im liberianischen Foya, ist verzweifelt: "Ebola zerstört hier alles", sagte sie beim Besuch einer FAO-Delegation. Bäuerinnen könnten die Raten ihrer Mikrokredite nicht mehr zahlen, hätten Söhne verloren und schließlich ihre Farmen aufgeben müssen. "Die Krankheit hat unseren Spar- und Kreditverein vernichtet", sagte sie. "Uns bleibt nichts. Das ist das Gesicht von Ebola."

Mit Bangen blicken viele ins nächste Jahr: Wenn die Bauern wegen Ebola nur wenig anpflanzen können, wird die Lage richtig schlimm. Weltbankpräsident Jim Yong Kim schätzt, dass bereits jeder vierte Bauer in den drei Ebola-Ländern Guinea, Sierra Leone und Liberia seine Felder nicht bestellt, sondern mit seiner Familie bereits das Saatgut aufisst. "In einem Jahr könnten wir es mit einer Hungersnot zu tun haben", warnte Kim in einem Interview mit dem "Handelsblatt".

Verluste in Höhe von 33 Milliarden US-Dollar

Liberia, Guinea und Sierra Leone gehören zu den ärmsten Ländern der Welt. Dank eines Rohstoff- und Holzbooms wuchs ihre Wirtschaft in den vergangenen Jahren. Doch nun droht ein plötzlicher Einbruch. In Liberia wird sich die Wachstumsrate wohl auf vier Prozent halbieren, in Sierra Leone von elf auf acht Prozent sinken. Deshalb bemühen sich Weltbank und FAO, zumindest ein Minimum an Landwirtschaft und Handel aufrechtzuerhalten, trotz aller Hindernisse.

Auf 33 Milliarden US-Dollar schätzt die Weltbank die wirtschaftlichen Verluste infolge der Ebola-Epidemie - "ein katastrophaler Rückschlag für ohnehin anfällige und schwache Staaten", die brutale Bürgerkriege und politische Wirren durchlitten haben. Die Auswirkungen seien indes über Westafrika hinaus zu spüren, sagt Kim. Auch Kenia, Äthiopien und Südafrika würden von ausländischen Unternehmen gemieden. "Die Leute glauben: Afrika ist gefährlich. Afrika ist Ebola."