Ethiker: Kirchen müssen Dienstleister für den Glauben werden

Ethiker: Kirchen müssen Dienstleister für den Glauben werden
Der Ethiker und Theologe Arnulf von Scheliha rät den Kirchen, angesichts sinkender Mitgliederzahlen zu stärkerer Service-Orientierung.
16.11.2014
epd
Holger Spierig

"Die Kirchen sollten sich mehr als Dienstleister für religiöse Kommunikation und für Artikulation des Glaubens innerhalb und außerhalb der Gemeinden verstehen", sagte der Direktor des Instituts für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften der Universität Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dazu gehöre, dass sie dem Glauben der Einzelnen und ihrer ethischen Urteilskompetenz viel zutrauen.

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Versuche, Menschen bürokratisch zu vereinnahmen oder ethisch zu maßregeln, bewirkten dagegen mehr Distanz, warnte der evangelische Theologe. Das zeigte die jüngste Austrittswelle wegen einer Änderung beim Kirchensteuereinzug durch die Banken.

Ein Schrumpfen der Kirchen sei zwar nicht aufzuhalten, sagte Scheliha. Schon aus demografischen Gründen würden sie kleiner. "Aber sie können ihre Bedeutung als Volkskirche trotzdem behalten, wenn sie sich theologisch offen zeigen für die Vielfalt des gelebten Christentums", betonte der Professor für theologische Ethik. Eine Gleichsetzung von Kirche und Christentum sei ein Fehler.

In der Diskussion über Militäreinsätze gegen die Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) begrüßte Scheliha die Position der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Danach ist ein militärischer Einsatz in einer Nothilfesituation grundsätzlich legitim, er soll aber durch einen UN-Sicherheitsratsbeschluss mandatiert sein. "Das ist eine hohe Hürde, aber ich halte diese Position wegen der hochkomplexen politischen Lage in der gesamten Region für richtig", sagte Scheliha.

Eine mögliche militärische Intervention müsse die Wiederherstellung eines Rechtszustandes zum Ziel haben, der wesentliche Elemente eines gerechten Friedens verwirkliche, betonte Scheliha und verwies auf die Friedensdenkschrift der EKD. Dazu gehörten stabile Institutionen, die durch die Teilhabe der unterschiedlichen Volksgruppen und religiösen Gemeinschaften legitimiert seien. Zudem sollten sie in der Lage sein, Sicherheit, Freiheit, Versorgung und kulturelle Vielfalt zu gewährleisten.

Scheliha ist seit Oktober Direktor des Instituts für Ethik und angrenzende Sozialwissenschaften in Münster. Das Institut wurde 1955 unter dem Namen "Institut für Christliche Gesellschaftswissenschaften" (ICG) gegründet.