Chemiebestattung statt Feuer und Erde?

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Chemiebestattung statt Feuer und Erde?
Die Niederlande und Belgien wollen chemische Bestattung erlauben
Begraben, einäschern - oder auflösen: In den Niederlanden und in Belgien könnten die Regierungen bald Resomation als Bestattungsmethode erlauben. Dabei wird der Leichnam in eine chemische Lösung gelegt und zersetzt.
02.11.2014
epd
Benjamin Dürr

In der Erde dauert es mehrere Jahre, bis der Körper eines Menschen zersetzt ist. Ein Resomator braucht dafür drei Stunden. Resomation, das Auflösen eines Leichnams in einer chemischen Lösung, gilt als schnelle, günstige und umweltfreundliche Bestattungsmethode.

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Der Leichnam wird dabei in eine Anlage gelegt, die dem Ofen bei einer Verbrennung gleicht. Der Körper wird mit einer Lösung aus heißem Wasser und Kaliumhydroxid besprüht. Durch die hohe Temperatur und den Luftdruck wird die Verwesung beschleunigt, am Ende bleiben die gemahlenen Knochen übrig und das Wasser, in dem der menschliche Körper aufgelöst wurde.

Bisher gibt es diese Form der Bestattung nur in wenigen US-Bundesstaaten und Kanada. Die Niederlande und Belgien könnten demnächst die ersten europäischen Länder werden, die Resomation erlauben. In beiden Ländern wird derzeit über entsprechende Gesetzesänderungen diskutiert. Bisher sind dort wie in Deutschland nur Erd- und Feuerbestattungen möglich.

Die Nachfrage nach "Resomation" steigt

Resomation sei mit dem natürlichen Prozess zu vergleichen, der auch bei einer Erdbestattung stattfinde, sagen die Befürworter. "Die Erfahrung zeigt auch, dass Angehörige vor allem die Assoziation mit Wasser als angenehm empfinden", sagt John Heskes, Innovationsmanager beim niederländischen Bestattungsunternehmen "Yarden". Für Angehörige gebe es kaum Unterschiede: Die Feier werde wie bei einem Begräbnis oder einer Einäscherung gestaltet. Das weiße Puder, das übrig bleibt, könne wie Asche verstreut oder aufbewahrt werden.

Resomation sei außerdem umweltfreundlicher als eine Einäscherung. "Wir beobachten eine steigende Nachfrage und ein wachsendes Interesse an Nachhaltigkeit auf dem Gebiet von Bestattungen", sagt Heskes. Deshalb setze sich "Yarden" dafür ein, eine Alternative zu ermöglichen. Das Unternehmen bietet in den Niederlanden landesweit Bestattungen, Versicherungen und Dienste an und ist einer der wichtigsten Lobbyisten für eine Gesetzesänderung.

Auch das Parlament in Den Haag beschäftigt sich demnächst mit der Frage. Foort van Oosten ist Abgeordneter der regierenden, liberalen Partei VVD, die auch den Ministerpräsidenten stellt. Er hat den Innenminister beauftragt, eine Liberalisierung der Bestattungsgesetze zu prüfen. Unabhängig von der Debatte in den Niederlanden wird zurzeit auch in Belgien darüber diskutiert. Liesbeth Homans, Ministerin für Innere Angelegenheiten in Flandern, dem niederländisch-sprachigen Landesteil Belgiens, denkt über eine ähnliche Gesetzesänderung nach.

Für jeden Durchgang werden Hunderte Liter Wasser benötigt

Bestatter in Deutschland sehen die Methode dagegen kritisch. Oliver Wirthmann, der Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur in Düsseldorf, sagt, Resomation sei eine Pseudo-Bestattungsform und ein bloßer Marketing-Trick. "Die chemische Auflösung eines Verstorbenen ist aus moralischer, religiöser und Trauer-psychologischer Sicht nicht wünschenswert."

Erd- und Feuerbestattungen gebe es seit Jahrtausenden in verschiedenen Religionen weltweit. Resomation dagegen sei eher aus wirtschaftlichen Interessen entwickelt worden. Wirthmann fügt hinzu: "Trauer braucht einen Ort - beim chemischen Auflösen eines Verstorbenen haben Angehörige keinen solchen Ort."

Auch Umweltexperten haben Zweifel. "Resomation ist eine umwelt-unfreundliche Methode, kostet viel Energie, benötigt sehr aggressive Chemikalien und hinterlässt äußerst verschmutztes, alkalisches Abwasser", argumentiert Gatze Lettinga, emeritierter Professor für Umwelttechnologie an der niederländischen Universität Wageningen. Pro Durchgang werden mehrere Hundert Liter Wasser benötigt.

Wie groß die Nachfrage nach Resomation in Belgien und den Niederlanden ist, kann "Yarden"-Manager John Heskes nicht genau sagen. In Deutschland sei das Interesse an alternativen Bestattungsformen gering, sagt Oliver Wirthmann vom Bestatter-Verband. Etwa 0,5 Prozent wünschten sich eine Alternative zu Erd- oder Feuerbestattung.