EU: Keine schnelle Umverteilung von Flüchtlingen

EU: Keine schnelle Umverteilung von Flüchtlingen
Die Innenminister der 28 Mitgliedsstaaten forderten Italien dazu auf, zunächst ihre Pflichten bei der Registrierung von Flüchtlingen wahrzunehmen. Erst dann könne man über ein anderes Verteilungssystem der Staaten untereinander verhandeln.

Nördliche EU-Länder stellen Italien eine Umverteilung von Bootsflüchtlingen in Aussicht - fordern von Rom aber zunächst die Einhaltung europäischen Rechts. "Das ist nicht zuviel verlangt", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Donnerstag in Luxemburg. Dort hatten sich die 28 europäischen Innenminister versammelt, um über drängende Probleme der europäischen Migrationspolitik zu beraten. In Italien sind in diesem Jahr bereits 120.000 Bootsflüchtlinge angekommen, viele von ihnen aus Krisenländern wie Syrien, Somalia oder Eritrea.

Italien rettet derzeit jeden Monat Tausende Menschen mit Hilfe seiner Marineoperation "Mare Nostrum" auf offener See. Allerdings wurden viele Menschen bei der Ankunft an Land nicht registriert, sondern zogen informell in andere EU-Länder weiter. Deren Regierungen - neben Deutschland etwa auch Frankreich und Großbritannien - wollen der Irregularität nun dauerhaft einen Riegel vorschieben. Italien ist unter europäischem Recht verpflichtet, die Namen und Fingerabdrücke der Migranten zu speichern. Und nicht nur das: Die sogenannte Dublin-Verordnung der EU sieht vor, dass das Ersteinreiseland den Schutzsuchenden ein gründliches und faires Asylverfahren bietet.

Italien soll diesen Pflichten - ebenso wie andere Außengrenzländer - nun nachkommen. Sollte sich anschließend herausstellen, dass ein Land stark überfordert sei, sei eine zeitlich befristete Umverteilungder Flüchtlinge auf Basis freiwilliger Länderquoten möglich, unterstrich de Maizière. Die Bundesregierung baut darauf, dass es nicht Deutschland ist, das in einem solchen Fall als erstes gefrag twäre. Denn die deutschen Asylbewerberzahlen liegen, gemessen an der Bevölkerungsgröße, bereits über EU-Durchschnitt. Andere Länder - insbesondere östliche Staaten - nehmen derzeit fast gar keineFlüchtlinge auf.

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Indessen ist im Moment gar nicht klar, wie viele Flüchtlinge in den nächsten Monaten überhaupt in Italien ankommen werden. Denn das Land plant, die Seerettungs-Aktivitäten im Rahmen von "Mare Nostrum" aus Kostengründen einzustellen. Der Einsatz soll durch eine gesamteuropäische Operation namens "Triton" ersetzt werden. Diese allerdings dürfte kleiner ausfallen und stärker als "Mare Nostrum" auf die Abwehr ausgerichtet sein.

Flüchtlingsrechtler und Kirchen fordern die EU eindringlich auf, sich weiterhin auf die Rettung von Menschenleben zu konzentrieren: "Eine Einschränkung von Mare Nostrum ist inakzeptabel. Wir haben eine moralische Verpflichtung", sagte der Caritas-Generalsekretär Georg Cremer.

Italien verspricht im Moment zumindest, wie von den EU-Partnern gefordert sein Asylsystem auszubauen. Der italienische Innenminister Angelino Alfano, der derzeit auch den rotierenden Vorsitz im EU-Ministerrat innehat, stellte seinen Amtskollegen am Donnerstag ein Maßnahmenpapier vor. In dem Papier wird unter anderem der "Aufbau eines dreistufigen Aufnahmesystems" in Italien beschrieben.

Nach der Ankunft in Erstaufnahmezentren sollen die Menschen in größere Verwaltungszentren gebracht werden, die dem Dokument zufolge "das Rückgrat des Systems" bilden. In den ungefähr 20 Einrichtungen sollen die Fingerabdrücke der Menschen genommen und die Asylanträge einer ersten Bewertung unterzogen werden. Anschließend kommen die Flüchtlinge in das bestehende dezentrale Aufnahmesystem SPRAR, das ebenfalls ausgeweitet werden soll.

Alfano schlägt vor, dass die EU mittels einer Drei-Säulen-Strategie auf akute Probleme an den Außengrenzen reagieren solle. Zum einen müsse es darum gehen, in Zusammenarbeit mit Ländern in Afrika und Nahost das  Schleusertum und den Menschenhandel zu bekämpfen. Zweitens müsse eine gemeinsame stärkere Überwachung der Außengrenzen angepeilt werden. Drittens müssten alle Länder tragfähige Registrierungs- und Asylsysteme aufbauen, wobei sie sich auch bemühen sollten, Familienmitgliedern nach ihrer Flucht wieder das Zusammenleben zu ermöglichen.