Luther als "katholischer Reformator"

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Luther als "katholischer Reformator"
Die Bedeutung Martin Luthers für die römische Kirche haben katholische Luther-Forscher bei einem Kongress in Erfurt betont. Als "wahrhaft katholischen Denker und Theologen" bezeichnete der Paderborner Theologe Wolfgang Thönissen den Reformator, der eine Spaltung nie gewollt habe. Die Forscher hätten für das Reformationsjubiläum einen Anspruch formuliert, hinter den die man nicht zurückfallen dürfe, hieß es von evangelischer Seite.

Die katholische Luther-Forschung sieht im Reformationsjubiläum 2017 eine Herausforderung für die Auseinandersetzung mit Martin Luther (1483-1546) und dessen Theologie. Der Reformator habe keine neue Kirche gewollt, sondern innerkirchliche Veränderungen, sagte der Paderborner Theologieprofessor Wolfgang Thönissen am Donnerstag in Erfurt. Luther müsse deshalb als "katholischer Reformator" innerhalb der Traditionen seiner Kirche betrachtet und ernst genommen werden.

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Dass Luthers Reformanliegen zu einer neuen Kirche führten, "ist ihm nicht anzulasten", sagte Thönissen zum Abschluss eines internationalen Symposiums von katholischen Luther-Forschern im Augustinerkloster. Der einstige Erfurter Augustinermönch sei "nicht nur ein aufrichtiger Beter und religiöser Mensch" gewesen, sondern auch "ein wahrhaft katholischer Denker und Theologe". Wenn Luther außerhalb kirchlicher Traditionen stünde, "müssten wir ihn nicht berücksichtigen".

 Zugleich forderte der Leiter des Paderborner Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik dazu auf, die alten Vorurteile zu Luther und Reformation auf beiden Seiten zu überwinden. "Der Streit des 16. Jahrhunderts ist beendet, und die Gründe für wechselseitige Verurteilungen sind entfallen." Diese Gegensätze müssten endlich auch aus der Ausbildung des katholischen wie des evangelischen Theologennachwuchses "für alle Zeiten verbannt werden", fügte Thönissen hinzu.

Keine "innerkirchlichen Sandkastenspiele" mehr

Nach Ansicht des Catholica-Beauftragten der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, Landesbischof Karl-Hinrich Manzke, wurde mit der Erfurter Tagung im ökumenischen Dialog "der Ball ganz weit nach vorn gespielt". Die katholischen Forscher hätten mit ihrer Debatte über Luther für das Reformationsjubiläum einen Anspruch formuliert, hinter den die evangelische Theologie nicht zurückfallen dürfe. Der katholische Ökumene-Bischof Gerhard Feige sprach mit Blick auf 2017 von einem hoffnungsvollen Zeichen für den begonnenen "Suchprozess auf beiden Seiten".

"Vor dem Hintergrund einer wachsenden Säkularisierung können wir uns keine innerkirchlichen Sandkastenspiele leisten", betonte Feige. Auch der katholische Erfurter Altbischof Joachim Wanke warnte davor, das Reformationsjubiläum "in polemischer Entgegensetzung" zu begehen. Erforderlich sei vielmehr "eine gewisse Offenheit, weil gemeinsame Aufgaben anstehen". "Kirche lebt vom theologischen Konzert", ergänzte der Bischof, der vor zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt zurückgetreten war.