Thierse: Kirche ist Anwalt der Ausgegrenzten

Thierse: Kirche ist Anwalt der Ausgegrenzten
Bei tagespolitischen Entscheidungen wie etwa zu Sterbehilfe, Patientenverfügungen oder Gentests an Embryonen sollten die Kirchen nach Meinungs des ehemaligen Bundestagspräsidenten entschlossener an demokratischen Entscheidungen mitwirken.

Die Kirchen sollten sich nach Ansicht des früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse stärker in politische Entscheidungsprozesse einmischen. "Die Kirche ist Lobbyist für die Armen, die Ausgegrenzten und die Stimmlosen", sagte der SPD-Politiker und engagierte Katholik am Mittwoch bei einer kirchlichen Veranstaltung im niedersächsischen Northeim. Dabei komme es weniger auf tagespolitische Einmischung an. Bei Entscheidungen etwa zu Gentests an künstlich erzeugten Embryonen, zu Patientenverfügungen oder zur Sterbehilfe könnten die Kirchen aber in der Wertediskussion "zu einer gelingende Demokratie beitragen".

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Besonders gefordert seien die Theologen aktuell als Prediger für den Frieden, sagte Thierse vor rund 280 evangelischen Pastorinnen und Pastoren. Aber auch als Verteidiger des Sozialstaates und in besonderem Maß in allen Fragen, die die menschliche Würde beträfen, müssten sie sich immer wieder zu Wort melden. "Die Kirche sollte nicht auf eine Bundeswerteagentur reduziert werden, zugleich darf sie sich aber dieser Rolle nicht entziehen." 

Thierse mahnte, der Stellenwert von Kirche und Glaube habe sich über die Jahre dramatisch geändert. So gründe sich das Gewicht kirchlicher Worte nicht mehr auf starke Mitgliederzahlen oder ihre tiefe gesellschaftliche Verankerung. "Inzwischen hängt viel von der gelebten Glaubwürdigkeit der Kirche und von der Prägnanz ihrer Aussage ab, damit sie gehört wird." Als Politiker sei er weniger an vielen kirchlichen Kompromissvorschlägen interessiert, sondern wünsche sich eher eine klare Meinung, die ihn bei einer Entscheidungsfindung unterstützen könne.