Pro Asyl: Europa fehlt Konzept bei Flüchtlingsaufnahme

Foto: dpa/David Ebener
In Nürnberg müssen etwa 100 Flüchtlinge vorübergehend in einem Zelt leben.
Pro Asyl: Europa fehlt Konzept bei Flüchtlingsaufnahme
Die Flüchtlingshilfe-Organisation Pro Asyl hat die Forderung des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) nach strengeren Grenzkontrollen scharf kritisiert.
08.09.2014
epd
Tanja Tricarico

"Die Haltung, die hier zum Ausdruck kommt, ist inakzeptabel", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Zug um Zug versucht sich Europa, aus der Verantwortung zu stehlen. Europa hat kein Konzept zur Aufnahme von Flüchtlingen."

Angesichts steigender Asylbewerberzahlen in Deutschland hatte Seehofer Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums ins Gespräch gebracht. Seehofer sagte der "Bild"-Zeitung (Montagsausgabe), Flüchtlinge, die mit dem Zug nach Bayern einreisen, kämen meist über Italien oder Österreich: "Das sind aber ebenso wie Deutschland sichere Staaten." Italien verstoße klar gegen das Schengen-Abkommen. Seehofer sprach sich für feste Aufnahmequoten in der EU aus, mittels derer eine gerechte Verteilung sichergestellt werden solle.

"Eine Frage des politischen Willens"

Burkhardt unterstützt die Forderung nach einer gerechteren Lastenverteilung innerhalb der EU. "Das Dublin-System muss geändert werden", sagte der Menschenrechtler. Zur Zeit müssen die Staaten die Flüchtlinge aufnehmen, in denen sie zuerst ankommen. "Die deutschen Grenzen zu schließen, wird aber dazu führen, dass die Aufnahme immer weiter nach außen verlagert wird."

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Mit Blick auf Schließungen der Erstaufnahmeaufnahmestellen in Bayern oder Berlin, bescheinigte Burkhardt den Behörden Versagen bei der Flüchtlingspolitik. "Weder Bund, Länder noch Kommunen haben sich auf steigende Asylbewerberzahlen eingestellt", sagte Burkhardt. Diese Entwicklung war vorhersehbar und werde vermutlich auch weiter anhalten.

Er forderte in diesem Zusammenhang eine verbesserte Integrationspolitik. Anstatt über neue Unterbringungsmöglichkeiten nachzudenken, müssten Bund und Länder ein gemeinsames Aufnahmekonzept entwickeln und dabei auch überlegen, wie Flüchtlinge aus den bisher vorhandenen Unterkünften ausziehen könnten. Als Beispiele nannte Burkhardt den Zugang zu Sprach- und Integrationskursen sowie eine Arbeitserlaubnis. "Das wäre ein Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik."

Einer Unterbringung in Kasernen oder Containern erteilte Burkhardt eine Absage. "Aus Provisorien werden schnell Dauerlösungen." Zudem signalisierten sie der Bevölkerung, dass es zu viele Flüchtlinge gebe, warnte der Pro-Asyl-Geschäftsführer. "Deutschland ist in der Lage viele Flüchtlinge aufzunehmen. Das ist eine Frage des politischen Willens."