"Kleiner Zwischenfall": Festnahme bei Papstmesse

"Kleiner Zwischenfall": Festnahme bei Papstmesse
Bei der Auftaktmesse von Papst Benedikt XVI. auf Kuba ist ein junger Dissident festgenommen worden. Der wetterte gegen den Kommunismus.

Kurz vor Beginn des Gottesdienstes mit dem katholischen Kirchenoberhaupt in der Stadt Santiago de Cuba sei ein Mann plötzlich in Richtung Tribüne gelaufen und habe Parolen gegen das kommunistische Regime skandiert. Das berichteten Augenzeugen am Montagabend. "Nieder mit dem Kommunismus, nieder mit der Diktatur", habe er gerufen. Sicherheitskräfte hätten den Mann festgenommen und abgeführt.

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi bestätigte den "kleinen Zwischenfall". Der Protest und die Festnahme hätten etwa zwei Minuten gedauert, sagte er nach der Papstmesse vor Journalisten. "Wenn ich es richtig verstanden habe, hat der junge Mann etwas gegen den Kommunismus und für die Freiheit geschrien." Jeder sollte das Recht haben, seine Meinung zu äußern, ergänzte Lombardi. Die Gläubigen müssten aber auch das Recht haben, ohne Komplikationen den Papst zu erleben.

Raúl Castro nimmt an Papstmesse teil

Bei der Freiluftmesse rief der Papst die Kubaner dazu auf, vereint für eine "offene und erneuerte Gesellschaft" zu kämpfen. Zuvor bat der Erzbischof von Santiago, Dionisio Guillermo García Ibáñez, den Papst um Hilfe bei der Lösung der Probleme Kubas. Nötig seien dazu "Erbarmen, Dialog, Respekt und Versöhnung", so der Erzbischof.

[listbox:title=Mehr im Netz[Programm der Papstreise]]

Kubas Präsident Raúl Castro hat am Montag Papst Benedikt XVI. auf der Karibikinsel empfangen. In seiner vom Staatsfernsehen übertragenen Begrüßungsrede am Flughafen von Santiago, der ersten Etappe des 48-stündigen Besuchs, erwähnte Benedikt vor Castro auch die Häftlinge auf Kuba und ihre Familienangehörigen. Kuba sei in einem besonders wichtigen Moment seiner Geschichte und erblicke bereits das Morgen, sagte Benedikt in fehlerfreiem Spanisch. Ein deutlichere Anspielung auf die Lage von Menschenrechten und Politik auf Kuba machte der Papst allerdings nicht. Castro seinerseits kritisierte das Handels- und Wirtschaftsembargo der USA gegen die kommunistisch regierten Insel.

Castro nahm am Montagabend an der Papstmesse in Santiago de Cuba teil. Gemeinsam mit weiteren Mitgliedern seiner Regierung verfolgte er den feierlichen Gottesdienst in der ersten Reihe vor Zehntausenden von Gläubigen. Am Ende der Feier schritt der mit einem weißen Hemd bekleidete Staatschef die Stufen zum Altar empor, um Papst Benedikt XVI. erneut zu begrüßen und ein paar Worte mit ihm zu wechseln.

Verschärfte Repressionen

Überschattet war die Ankunft des Papstes von verschärfter Repression. Laut der kubanischen Menschenrechtskommission wurden bis Montagnacht mehr als 150 Dissidenten festgenommen. Zudem wurden zahlreiche Telefon- und Internetverbindungen gekappt, um unabhängige Informationen über den Papstbesuch zu erschweren.

Am Dienstag wird Benedikt das 400-jährige Erscheinen der Nationalheiligen Kubas, der Barmherzigen Jungfrau von Cobre, in der Nähe Santiagos feiern. Am selben Tag reist der Papst nach Havanna weiter, wo ein Gespräch mit Raúl Castro vorgesehen ist. Unbestätigten Berichten zufolge könnte sich der Papst auch mit Revolutionsführer Fidel Castro treffen sowie mit Venezuelas Präsident Hugo Chávez, der derzeit in Havanna weilt. Am Mittwoch hält der Papst eine weitere Freiluftmesse in Havanna, von wo aus er am selben Tag in den Vatikan zurückreist.

dpa/epd