EU-Kommissarin droht Konzernen mit Frauenquote

EU-Kommissarin droht Konzernen mit Frauenquote
Frauen im Vorstand der großen Konzerne? Angesichts der Karriere-Schwierigkeiten von Frauen droht die EU-Kommission den Unternehmen weiter mit einer bindenden Frauenquote.

"Die Selbstverpflichtung hat bisher keine befriedigenden Ergebnisse gebracht", sagte Justizkommissarin Viviane Reding am Montag in Brüssel. Die Politikerin erwägt, noch in diesem Sommer einen Gesetzvorschlag über eine Frauenquote in den Chefetagen zu machen. Nach einem Bericht, den Reding präsentierte, liegt der Frauenanteil unter Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitgliedern führender europäischer Unternehmen derzeit bei knapp 14 Prozent.

Das sind etwa zwei Prozentpunkte mehr als 2010. Reding reicht das aber nicht aus: "Bei dieser Geschwindigkeit würde es noch 40 Jahre dauern, bis ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis herrscht", heißt es in ihren Unterlagen. Zufrieden wäre Reding mit einem Frauenanteil von 40 Prozent. Von einem solchen Wert sind Deutschland und sämtliche EU-Nachbarn meilenweit entfernt: In der Bundesrepublik liegt der Anteil derzeit bei knapp 16 Prozent.

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Reding möchte nun zunächst einmal verschiedene Meinungen einholen, wie sich der Frauenanteil am effizientesten steigern lässt. Dazu leitete sie eine öffentliche Internet-Befragung unter Firmen, Gewerkschaften und anderen interessierten Gruppen und Einzelpersonen ein. Die Konsultation läuft bis zum 28. Mai.

Kritik von Arbeitgeberverbänden

Deutsche Arbeitgebervertreter reagierten prompt ablehnend auf Redings Initiative. "Es darf nicht sein, dass letztlich das Geschlecht und nicht die Eignung bei der Besetzung von Führungspositionen entscheidet", unterstrich die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Berlin. Der Verband verlangte "differenzierte und unternehmensspezifische Lösungen" und einen Ausbau der Kinderbetreuung. Für eine feste Quote plädierte dagegen der Deutsche Gewerkschaftsbund: "Die freiwillige Vereinbarung zwischen Wirtschaft und Politik ist schlicht gescheitert", sagte in Berlin die DGB-Vizevorsitzende Ingrid Sehrbrock.

Innerhalb der Bundesregierung scheiden sich bei dem Thema bislang die Geister. Während Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine bindende Quote unterstützt, sind Kanzlerin Angela Merkel, Familienministerin Kristina Schröder (beide CDU) sowie die FDP dagegen. Die Bundesregierung kann ebenso wie die anderen EU-Regierungen und das Europaparlament bei etwaigen Gesetzvorschlägen aus Brüssel mitberaten.

Wie Kommissarin Reding berichtete, sind es nicht selten erfolgreiche Karrierefrauen, die sich gegen eine gesetzliche Quote sträuben: "Sie wollen nicht plötzlich als Quotenfrauen dastehen." Es sei jedoch erwiesen, dass Unternehmen mit gemischten Chefetagen wirtschaftlich erfolgreicher seien. Dass ein Geschlechter-Gleichgewicht in den Top-Etagen in der Praxis möglich ist, zeigt laut Redings Bericht das Nicht-EU-Mitglied Norwegen: Es kann einen Frauenanteil von 42 Prozent vorweisen.

Ministerin Schröder gegen EU-Vorstoß für Frauenquote

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hat sich gegen die Einführung einer europaweiten gesetzlichen Frauenquote ausgesprochen - und sich damit gegen Überlegungen von EU-Kommissarin Viviane Reding gestellt. "Ein starre Quote halte ich grundsätzlich für problematisch", sagte die CDU-Politikerin dem "Wiesbadener Kurier" (Dienstag). "Es ist nicht Aufgabe des Staates, den verschiedensten Unternehmen ein und dieselbe Quote zu verordnen. Das wäre ordnungspolitisch falsch und verfassungsrechtlich bedenklich."

Schröder kritisierte: "Es gehört nicht zu den Aufgaben der EU, den einzelnen Nationalstaaten die Einführung einer Frauenquote vorzuschreiben. Da stehen schon rechtliche Gründe im Weg", sagte die Familienministerin. Jedes Land der EU müsse für sich entscheiden. "Deutschland wird hier eine Lösung finden und braucht keine bürokratischen Vorschriften und Belehrungen aus Brüssel."

epd/dpa