Russische Wahlkommission erklärt Putin zum Sieger

Russische Wahlkommission erklärt Putin zum Sieger
Nun ist es amtlich: Wladimir Putin ist klarer Sieger der Präsidentenwahl in Russland. Opposition und Wahlbeobachter sprechen von Betrug. Der scheidende Präsident Medwedew geht auf die Kremlgegner zu. Unterdessen bietet Bundeskanzlerin Merkel dem Wahlsieger eine "strategische Partnerschaft" an.

Ungeachtet von Manipulationsvorwürfen hat die russische Wahlkommission Regierungschef Wladimir Putin offiziell zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt. Der 59-Jährige habe 63,65 Prozent der Stimmen bei dem Urnengang erzielt. Das teilte Wahlleiter Wladimir Tschurow am Montag in Moskau mit. Putin landete damit deutlich unter seinem vorigen Ergebnis von 71,3 Prozent im Jahr 2004, aber über seinem ersten Wert von 52,9 Prozent im Jahr 2000.

Deutschland will nach Putins Sieg die "strategische Partnerschaft" mit Russland fortsetzen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte Putin am Montag in Berlin zugleich zu weiteren Reformen auf. Bei der bevorstehenden Modernisierung Russlands, die sich Putin zur Aufgabe machen will, müsse es sich auch um eine "politisch-gesellschaftliche Modernisierung" handeln. Demokratie und Menschenrechte müssten gestärkt werden.

Merkel telefoniert mit dem Wahlsieger

Merkel wollte nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert noch am Montagmittag mit Putin telefonieren. Der 59-Jährige war am Sonntag bereits im ersten Wahlgang wieder zum Kreml-Chef gewählt worden. Nach Angaben der Wahlkommission kam er auf mehr als 63 Prozent der Stimmen. Putin war zwischen 2000 und 2008 bereits acht Jahre lang Staatsoberhaupt gewesen. In den vergangenen vier Jahren hatte er das Amt des Ministerpräsidenten inne. Seibert äußerte zugleich Kritik am Ablauf der Wahl. "Die Umstände der Wahl, die Wahlmöglichkeiten, auch der Wahlkampf entsprach in vielem nicht dem, was wir in anderen Teilen Europas kennen. Das ist bedauerlich."

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte am Montag in Berlin, neben den Wirtschaftsbeziehungen gebe es starke gemeinsame Sicherheitsinteressen. "Wir können die Sicherheit auch auf unserem europäischen Kontinent nicht gegen Russland, sondern nur mit Russland gemeinsam übernehmen." Berlin wolle Putin bei der Modernisierung Russlands helfen, insbesondere beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen. Moskau müsse nun alle Vorwürfe von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl ausräumen. "Es liegt ja im russischen Interesse selbst, all diesen Kritikpunkten nachzugehen und sie aufzuarbeiten."

Die Wahlbeteiligung lag am Sonntag bei 65,3 Prozent der rund 110 Millionen Berechtigten. Die zur Wahl nicht zugelassene Opposition sowie russische Wahlbeobachter sprachen von Tausenden Verstößen am Tag der Abstimmung am Sonntag. Die Regierungsgegner kündigten Massenproteste gegen das aus ihrer Sicht "unehrliche Ergebnis" an. Mit Spannung wurde das Urteil der internationalen Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erwartet.

Urteil gegen Chodorkowski wird überprüft

Nach Kritik an dem Urnengang signalisierte der scheidende Kremlchef Dmitri Medwedew der Opposition - wie zuletzt schon bei der ebenfalls von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl - Entgegenkommen. Der Präsident wies die Generalstaatsanwaltschaft an, bis zum 1. April die Verurteilung des inhaftierten Kremlgegners und Ex-Ölmanagers Michail Chodorkowski zu überprüfen.

Menschenrechtler und Politologen bewerteten dies als politisches Manöver, um die aufgebrachte Menge zu beruhigen. Die Freilassung des politischen Gefangenen gehört zu den Hauptforderungen der Opposition, aber auch der internationalen Gemeinschaft. Auch andere Hafturteile kämen auf den Prüfstand, teilte der Kreml mit. Außerdem forderte Medwedew zwei Monate vor seinem Ausscheiden aus dem Amt nun das Justizministerium auf, bis zum 15. März die Gründe für die Nichtregistrierung der Oppositionspartei Parnas aufzuklären.

Nach Kremlangaben gehen die Anordnungen auf ein Treffen Medwedews mit Oppositionellen zurück. Experten bezweifeln immer wieder den Reformwillen der Machtführung. Auch nach der umstrittenen Parlamentswahl im Dezember hatte Medwedew Reformen für eine Demokratisierung Russlands angekündigt. Kommentatoren kritisierten aber, dass den Ankündigungen bisher keine Taten folgten.

Moskau mehrheitlich gegen Putin

Nach der Wahl teilten die Behörden außerdem mit, dass Putin in der russischen Hauptstadt Moskau die Mehrheit knapp verfehlt habe. Er landete demnach bei 47,22 Prozent der Stimmen. Auch in seiner Heimatstadt St. Petersburg blieb der frühere Geheimdienstchef unter dem Landesdurchschnitt. Dort erreichte er 58,7 Prozent der Stimmen. In den beiden größten Städten des Landes hatte es zuletzt beispiellose Proteste gegen Putin gegeben. Im früheren Konfliktgebiet Tschetschenien im Nordkaukasus hingegen kam Putin den Angaben zufolge bei fast 100-prozentiger Wahlbeteiligung auf fast 100 Prozent der Stimmen. In der benachbarten Teilrepublik Dagestan wurden die Ergebnisse in einem Wahllokal annulliert, weil dort massenhaft vorher ausgefüllte Stimmzettel in die Urnen gestopft worden waren.

Auf Platz zwei der Präsidentenwahl landete Kommunistenchef Gennadi Sjuganow mit 17,19 Prozent der Stimmen. Der erstmals zugelassene Milliardär Michail Prochorow kam auf 7,82 Prozent, der Ultranationalist Wladimir Schirinowski auf 6,23 Prozent und der Linkskonservative Sergej Mironow auf 3,85 Prozent der Stimmen. Sie verfehlten das Ziel, Putin in die Stichwahl zu zwingen.

Putin hatte sich am Sonntagabend kurz nach Schließung der Wahllokale zum Sieger der von Betrugsvorwürfen überschatteten Abstimmung erklärt. Er wird nach 2000 und 2004 im Mai zum dritten Mal in den Kreml als Präsident einziehen. Gemäß geänderter Verfassung regiert er dann erstmals sechs Jahre und damit zwei Jahre länger als zuletzt in diesem Amt mit fast unbegrenzter Machtfülle. Medwedew soll dann den untergeordneten Posten des Regierungschefs übernehmen.

dpa