Europa stellt Griechenland ein Ultimatum

Europa stellt Griechenland ein Ultimatum
Zwischen Athen und Brüssel tobt ein Machtkampf der besonderen Art. Mit harten Bandagen wird die Athener Regierung gezwungen, ein neues Milliarden-Hilfsprogramm abzusichern. In Griechenland gehen die Menschen wieder auf die Straße.
10.02.2012
Von Christian Böhmer und Arne Meyer

Mit einem Ultimatum wollen die Europäer neue Zugeständnisse Griechenlands für ein neues Rettungsprogramm erzwingen. Nur wenn mehrere Bedingungen innerhalb einer Woche erfüllt werden, kann Athen mit dem dringend benötigen Paket von 130 Milliarden Euro rechnen. Ohne den Plan droht Griechenland die Staatspleite.

Die Euro-Finanzminister vertagten am späten Donnerstagabend in Brüssel ihren Beschluss für das Hilfsprogramm auf nächsten Mittwoch. "Wir haben noch nicht alle Bestandteile für eine Entscheidung auf dem Tisch", bilanzierte der Vorsitzende der Ministerrunde, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, nach fünfeinhalbstündigen Beratungen.

Griechische Gewerkschaften wollen Land lahmlegen

Aus Protest gegen das neue Sparprogramm wollen die griechischen Gewerkschaften heute (Freitag) und Samstag mit umfangreichen Streiks das öffentliche Leben weitgehend lahmlegen. Zudem sind Demonstrationen geplant. Die Regierungsparteien in Athen hatten sich am Donnerstag auf ein Sparpaket geeinigt. Es sieht neue, erhebliche Einschnitte vor: Niedrigere Mindestlöhne, eingefrorene Gehälter und weniger Staatsdiener.

Juncker forderte, das griechische Parlament müsse umgehend die Vereinbarung zwischen der Regierung und der "Troika" von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) zu dem Programm billigen. Die Einigung zu dem neuen Hilfsprogramm steht also bereits im Grundsatz.

Griechenland wird auch verpflichtet, zusätzlich 325 Millionen Euro im laufenden Jahr zu sparen. Auch müssten alle Koalitionspartner in Athen verbindlich zusichern, bei dem Programm mitzuziehen, so Juncker.

Verhandlungen über Schuldenschnitt kommen voran

EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte, dass die zähen Verhandlungen in Athen zwischen Regierung und Bankenvertretern für einen Schuldenschnitt um 100 Milliarden Euro zu einem ersten Erfolg führten. "Der Entwurf einer Abmachung über die Privatsektor-Beteiligung ist praktisch abgeschlossen", sagte der Finne und bestätigte damit Angaben des griechischen Ressortchefs Evangelos Venizelos.

Rehn und Juncker sagten, die Geldgeber wollten Griechenland stärker überwachen als bisher. Rehn fügte hinzu, ein "Sparkommissar", wie er in Deutschland vorgeschlagen wurde, solle es aber nicht geben. Mit viel Sympathie sah er hingegen den deutsch-französischen Vorstoß für ein Sonderkonto, über das die Rückzahlungen an die Gläubiger abgewickelt werden sollen. "Wir schauen uns das ernsthaft an."

Am Mittwoch kommender Woche (15.2.) soll es laut Juncker eine neue Sondersitzung der Euro-Finanzminister geben. Bereits am 20. Februar ist das nächste reguläre Treffen der Kassenhüter geplant.

Bundestag berät am 27. Februar Athen-Hilfspaket

Der Bundestag wird sich voraussichtlich am 27. Februar mit dem Hilfspaket für Griechenland befassen. Das teilte Linken-Chef Klaus Ernst am Freitag in Berlin nach einem Treffen der Partei- und Fraktionschefs bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit. Vor den Entscheidungen im Plenum werde der Haushaltsausschuss des Bundestages über die neuen Milliardenhilfen beraten.

Die Spitzen von Union, FDP, SPD, Grünen und Linken waren gegen 8.00 Uhr im Kanzleramt zusammengekommen. Von etwa 09.00 Uhr an waren Sondersitzungen der Bundestags-Fraktionen geplant. Dabei wollten Merkel und voraussichtlich auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Unionsabgeordneten über das weitere Vorgehen Deutschlands bei der Griechenland-Rettung informieren. Auch die anderen Fraktionen wollten zu Sondersitzungen zusammenkommen.

dpa