Zehntausende desertieren zur Freien Syrischen Armee

Zehntausende desertieren zur Freien Syrischen Armee
Die Armee der Deserteure wächst. Doch einen Sturz des Assad-Regimes mit militärischen Mitteln halten die desertieren Offiziere für aussichtslos, solange es keine internationale Unterstützung gibt.

Die von Deserteuren gegründete Freie Syrische Armee erhält immer mehr Zulauf. Nach Angaben von Aktivisten setzten sich in der Provinz Idlib am Montag 20 Soldaten von der Regierungsarmee ab. Sechs von ihnen seien auf der Flucht erschossen worden. Auch aus dem Umland von Damaskus wurden Kämpfe zwischen Deserteuren und der regulären Armee gemeldet. Desertierte Offiziere hatten in den vergangenen Tagen erklärt, zur Armee der Fahnenflüchtigen gehörten inzwischen 20.000 Soldaten.

In Paris wurde bekannt, dass der Iran nach Ermittlungen von UN-Experten gegen ein Waffenembargo verstoßen und illegal Waffen an das Regime in Syrien geliefert hat. Die Verstöße gegen die UN-Resolutionen 1747 und 1929 seien den Mitgliedern des Sicherheitsrates gemeldet worden, teilte das französische Außenministerium am Montag mit. Ein Sprecher bezeichnete die Waffenlieferungen als zutiefst schockierend. Konkrete Angaben zu Art und Menge der nach Syrien gebrachten Waffen machte er nicht.

UN-Generalsekretär appelliert an den Sicherheitsrat

Eine im März 2007 verabschiedete Resolution des Weltsicherheitsrates untersagt der Führung in Teheran, Waffen ins Ausland zu verkaufen oder zu liefern. Darüber hinaus haben die USA, die Europäische Union und die Türkei ein Waffenembargo gegen Syrien verhängt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte bei einem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten an den UN-Sicherheitsrat, angesichts der Eskalation der Gewalt in Syrien zu handeln. Die Lage sei ernst, sagte er, ohne konkrete Schritte zu empfehlen. "Angesichts der inakzeptabel hohen Opferzahl darf es nicht so weitergehen", sagte er am Rande eines Energiegipfels in der Hauptstadt Abu Dhabi.

Seit Beginn des Aufstandes gegen Assad im März 2011 sind nach UN-Angaben mehr als 5.000 Menschen getötet worden. Syrische Menschenrechtsaktivisten sprechen sogar von rund 6.500 Opfern. Allein am Montag starben wieder mindestens 21 Menschen, 15 weitere wurden verletzt.

Angehörige einer regimetreuen Miliz sollen in einer Bäckerei in der syrischen Protesthochburg Homs fünf Menschen erschossen haben. Neun weitere Zivilisten seien verletzt worden, als die Angehörigen der Schabiha-Miliz willkürlich um sich geschossen hätten, meldete die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter unter Berufung auf Augenzeugen. Zu den Todesopfern zählten zwei Angehörige der christlichen Minderheit. Die Milizen hätten die Bäckerei anschließend in Brand gesetzt.

Funktionäre distanzieren sich von Assad

Insgesamt hätten Angehörige der regimetreuen Truppen am Montag acht Zivilisten getötet, darunter eine 85 Jahre alte Frau und einen Mann aus Hama. Dieser sei zu Tode gefoltert worden. In den Protesthochburgen Sabadni und Homs starben sieben Menschen. Eine unabhängige Bestätigung für diese Angaben war wegen der Medienblockade in Syrien nicht zu erhalten.

Derweil wächst auch die Zahl der Funktionäre, die sich von Präsident Baschar al-Assad distanzieren. Der aus Homs stammende Parlamentsabgeordnete Emad Ghalioun erklärte in einem Interview mit dem Nachrichtensender Al-Arabija am Sonntagabend, er habe aus Protest gegen die Politik der Korruption und Unterdrückung beschlossen, sich der Opposition anzuschließen. Deshalb habe er sich nach Ägypten abgesetzt. Er kenne viele Abgeordnete, die sich innerlich ebenfalls von der Führungsclique abgewandt hätten. Wegen eines kürzlich von Assad erlassenen Reiseverbotes für Parlamentarier hielten sie jedoch still, da sie ansonsten mit harten Strafen rechnen müssten.

Ein großer Teil der syrischen Opposition ist inzwischen in der Türkei versammelt, darunter der frühere politische Häftling und Menschenrechtsanwalt Haitham al-Maleh sowie etliche Führungsmitglieder der Muslimbruderschaft. In einem Lager von Deserteuren nahe der syrischen Grenze haben sie inzwischen nach Auskunft der Opposition einen "Hohen Militärrat" gebildet.

dpa