"Frauenmahle" mit prominenten Tischrednerinnen

"Frauenmahle" mit prominenten Tischrednerinnen
"Frauenmahle" sollen die Religionen erneuern: Männlich sind nur die Kellner. Geboten werden ein Essen mit vier Gängen und sieben Reden, dazu Musik des Trios "Imperial" - eine Pianistin, eine Gitarristin und eine Geigerin. Zu einem "Rheinischen Frauenmahl" haben sich an diesem Abend rund 80 Frauen zusammengefunden. In reformatorischer Tradition sprechen sie bei einem festlichen Mahl über die Zukunft von Kirche und Religion.
14.11.2011
Von Irene Dänzer-Vanotti

Schon Martin Luther formulierte seine Vorstellungen von der Zukunft der Kirche in Tischreden. Er war aber nicht allein: Frauen mischten bei der Reformation vor knapp 500 Jahren kräftig mit, wie Irene Diller vom Frauenreferat der Evangelischen Kirche im Rheinland betont. Sie ist eine der Initiatorinnen des Frauenmahls im Tagungshaus FFFZ der rheinischen Kirche. Ähnliche Frauentafeln gibt es in diesen Wochen auch in zehn anderen deutschen Städten.

Glauben mit List und Mut aus der Erstarrung lösen

In Düsseldorf fordern so unterschiedliche Frauen wie NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), die jüdische Schriftstellerin Petra Kunik und die katholische Nonne Lea Ackermann, Frauen sollten mit List und Mut die christlichen, jüdischen und muslimischen Glaubensgemeinschaften aus Erstarrung lösen und gleichberechtigte, menschenfreundliche Religionen schaffen. Wenn es nach den insgesamt sieben Rednerinnen geht, werden Kirchen, Moscheen und Synagogen Orte, in denen Worte genau gewogen und Gedanken differenziert gefasst werden.

"Religion und Kirche müssen Orientierung bieten", sagt Löhrmann. Am Anfang stehe aber Information: Kinder und Jugendliche müssten sich selbst ihre Meinung bilden können. Sie trete deshalb für christlichen, aber auch muslimischen Religionsunterricht ein. Löhrmann selbst verdankt dem Reli-Unterricht in ihrem katholischen Essener Gymnasium viel. Der Lehrer habe sie die Skepsis gegenüber der Atomenergie gelehrt, verrät sie: "Er bezweifelte stark, dass der Schnelle Brüter von Kalkar mit Gottes Wille vereinbar sei."

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Die Islamwissenschaftlerin und muslimische Religionslehrerin Lamya Kaddor ist dafür, Kinder von der ersten Klasse an religiös zu bilden: "Wenn sie in ihrer eigenen Religion gefestigt sind, können sie sich später mit anderen Religionen beschäftigen." Allerdings seien Jugendliche dafür erst mit 14 Jahren reif.

Petra Kunik wollte als Zwölfjährige im Gottesdienst nicht auf die Frauenempore verbannt werden. Sie suchte daher schon früh ihren eigenen Weg und wurde Mitbegründerin einer liberalen Richtung des Judentums. In der Synagoge im Frankfurter Westend hat die Gruppierung einen eigenen Raum, in dem Frauen und Männer gleichberechtigt Gottesdienste feiern. Auch in anderen Religionen sollten Frauen mutig neue Formen religiösen Lebens einführen, sagt Kunik.

"Die Hälfte der Macht wird Frauen vorenthalten"

Temperamentvoll ist der Auftritt von Lea Ackermann. "Die Hälfte des Himmels wird Frauen gerne zugesprochen, die Hälfte der Erde zu bekommen, ist schon schwieriger, die Hälfte der Macht aber wird ihnen vorenthalten", sagt die Ordensschwester und Gründerin von "Solwodi", einer Hilfsorganisation für Zwangsprostituierte. Frauen litten in allen Ländern der Welt stärker unter Armut als Männer, beklagt sie. Zu viele Frauen suchten in der Prostitution einen Ausweg.

Im vergangenen Jahr baten allein in Deutschland 1.415 Frauen aus 103 Ländern Solwodi um Hilfe. Ackermann fordert Strafen für Freier, um die Prostitution zurückzudrängen: "Wer einen unmoralischen Dienst in Anspruch nimmt, soll geächtet werden und Strafe zahlen." In Schweden sei diese Politik erfolgreich.

Kritik wird in der Frauenrunde am sprachlichen Umgang mit dem 500. Reformationsjubiläum laut. Die zehn Jahre vor dem großen Jubelfest 2017 dürften eigentlich nicht "Lutherdekade" heißen, moniert die Theologin Ilka Werner, Vorsitzende des Theologischen Ausschusses der rheinischen Kirche. "Luther hat die Reformation schließlich nicht alleine gemacht." Die "Frauenmahle" werden in den nächsten Wochen fortgesetzt - unter anderem in Bonn und Tübingen.

epd