Facebook steht nicht mehr allein gegen Google+

Facebook steht nicht mehr allein gegen Google+
Online-Netzwerke sind das neue Schlachtfeld im Internet-Geschäft. Facebook, die unangefochtene Nummer eins hat die Marke von 750 Millionen Nutzern geknackt und bietetn ihnen nun auch einen Videochat an. Doch Google setzt große Hoffnungen auf sein neues Projekt.

Der Konkurrenzkampf um die Spitzenposition im Internet-Geschäft ist voll entbrannt. Rivalisierende Bündnisse treten gegen einander an: Eine Allianz aus Facebook, Microsoft, Nokia und Skype stellt sich gegen Internet-Primus Google, daneben verbündet sich Apple mit dem Kurznachrichtendienst Twitter, der in iOS 5 fest eingebaut sein wird. Die Marschrichtung sind Online-Dienste, die Nutzer miteinander vernetzen. Der König in diesem "sozialen Internet" ist Facebook, doch Google bäumt sich gerade dagegen auf, mit dem eigenen Online-Netzwerk Google+.

Gestern wollte Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit einer Pressekonferenz die Welt überraschen, große Erwartungen hatte er vorab geschürt. Was dann dabei rauskam, war nicht besonders beeindruckend: Facbeook hat nun auch einen Video-Chat, man kann also direkt mit einem Nutzer chatten. Neben den "Hangouts" von Google+, die Videochat mit bis zu zehn Personen ermöglichen, wirkte das eher zu kurz gegriffen, auch wenn die Kooperation mit Skype ein Zeichen für mehr Offenheit für Partner von außen setzt.

Aber Zuckerberg gab sich entspannt. 750 Millionen Nutzer hat Facebook inzwischen, das ließ er ganz nebenbei fallen: "Wir haben das bisher nicht verkündet, weil wir es nicht für so relevant hielten." Schließlich werde es in Zukunft nicht mehr darum gehen, wer die meisten Nutzer hat, sondern wie nützlich man für sie wird. Daran, dass die "sozialen Dienste" dauerhaft im Leben der Menschen angekommen seien, gebe es keinen Zweifel mehr, betonte Zuckerberg. Davon zeuge allein, dass sich das Volumen der Inhalte, die ein durchschnittlicher Facebook-Nutzer im Internet teilt, jedes Jahr verdoppele.

Facebook wächst trotz Datenschutz-Debatten

Zuckerberg hatte schon vor Jahren seine Vision skizziert: Facebook als "soziale Schicht", die das gesamte Leben seiner Mitglieder durchzieht. Kommunikation, Terminabsprachen unter Freunden, Hobbys, Film- oder Restaurant-Empfehlungen, Modegeschmack - das alles sind Themen, bei denen sich die Menschen intensiv miteinander austauschen, dafür brauchen sie eine Gemeinschaft, auch im Internet.

Mit seiner zweite Grund-These - die Menschen wollen immer mehr Privates öffentlich machen - eckte der heute 26-Jährige aber hart bei Datenschützern und auch bei den eigenen Kunden an und lernte, geduldiger zu werden. Eine Funktion, die Facebook-Freunde automatisch über Käufe eines Nutzers informierte, wurde nach einem Aufschrei unter den Mitgliedern schnell wieder gekappt. Seitdem gab Facebook den Nutzern ausgiebige Kontrollmöglichkeiten zur Privatsphäre - und die Nutzer stellen bei Facebook immer mehr Bilder, Videos und aktuelle Informationen zu ihrem Alltag ein.

Die Ausbeute dieses "sozialen" Booms sind Daten. Berge von Informationen darüber, was die Menschen interessiert, was sie mögen, mit wen sie kommunizieren, wo sie sich gerne aufhalten. Daten haben Google zum Internet-Giganten gemacht - seine Milliarden verdient der Konzern immer noch vor allem mit Anzeigen, die auf Suchanfragen der Nutzer zugeschnitten sind.

Daten als Treibstoff des Internet-Geschäfts

Daten sind der Treibstoff, den man braucht, um im Internet-Geschäft erfolgreich zu sein. "Geben Sie uns mehr Informationen, dann liefern wir Ihnen viel bessere Suchergebnisse", appellierte der damalige Konzernchef Eric Schmidt schon im vergangenen Jahr an die Google-Nutzer. Doch immer mehr der wertvollen Nutzerdaten landen inzwischen in den Silos von Facebook - und das Online-Netzwerk hält fest den Deckel drauf, unter Hinweis auf den Datenschutz. Schließlich habe man den Mitgliedern versprochen, sie mit niemandem zu teilen. Anonym ausgewertet sind die Informationen immer noch ein Schatz für Werbefirmen, die mit ihren Anzeigen viel besser bestimmte Zielgruppen ansprechen können.

Google bietet bei einer Facebook-Alternative Google+ den Nutzern zwar eine bessere Kontrolle über die Privatsphäre. Aber die Firma sammelt die entstehenden Daten (ebenso wie Facebook) natürlich intern trotzdem ein. Google+ ist der bisher konsequenteste Versuch, alle Google-Dienste mit einem "sozialen Netz" zu verbinden, von der Videoplattform YouTube über den Fotodienst Picasa, von Google Translate bis Googlemail. Das alles wird befeuert von der technischen Übermacht der Google-Rechenzentren und flankiert von Android als führendem Smartphone-Betriebssystem weltweit.

Google stößt Google zwar spät zur Netzwerk-Party dazu. Die 750 Millionen Facebook-Nutzer werden so schnell nicht abwandern, vor allem nicht, wenn Facebook mit neuen Funktionen nachzieht. Aber Google hat mit seinen verschiedenen Diensten jetzt schon eine ziemlich große Nutzerbasis, und der Markt ist inzwischen groß genug für zwei soziale Netzwerke vom Schlage eines Facebook. Noch liegt Google aber hinten. Und in der Testphase von Google+ ist ausgerechnet Mark Zuckerberg bisher der populärste Nutzer.

dpa/evangelisch.de/han