Flashmob-Chor will die Welt zum Singen bringen

Flashmob-Chor will die Welt zum Singen bringen
Musik auf die Straße und die Leute zum Lächeln bringen - das ist das Ziel zweier Musikstudenten aus London. Dafür haben sie einen Flashmob-Chor gegründet. Wo der als nächstes aus dem Nichts auftaucht, wissen nur die Sänger selber.
17.06.2011
Von Britta Gürke

Mitten in einer Londoner Fußgängerzone gibt es Zoff. Zwei junge Typen brüllen sich an. Die Leute drehen sich um, schauen nach, was da los ist. Plötzlich fängt einer der beiden Rüpel an zu singen. Und damit nicht genug: Von allen Seiten stimmen Leute mit ein. Auf einmal ist ein ganzer Chor wie aus dem Nichts aufgetaucht. "All You Need Is Love" von den Beatles klingt aus 500 Kehlen. Als der Song vorbei ist, gehen alle weg. Die Straße sieht wieder so aus, als ob nichts gewesen wäre.

Für wenige Minuten im Einklang

Was war denn da los? Die nicht-eingeweihten Passanten lächeln, sind amüsiert, aber auch leicht verwirrt. Einige haben spontan mitgesungen. Das Ganze war ein sogenannter Flashmob-Chor, organisiert von zwei 19 Jahre alten Londoner Musikstudenten. Sie wollen Musik unter die Leute bringen, und damit kleine Glücksmomente in den grauen Stadtalltag. Nachdem sie London bereits mit einer erfolgreichen Aktion zum Klingen gebracht haben, steuern sie nun die ganze Welt mit ihren Melodien an. "Wir wollen auch in anderen Ländern die Leute mit Musik überraschen, wenn sie am wenigsten damit rechnen", sagt Organisator Max De Lucia.

Aber was ist eigentlich ein Flashmob-Chor? Flashmobs - derzeit schwer in Mode - sind scheinbar spontane Zusammentreffen von manchmal Hunderten Menschen an bestimmten Orten. Meistens entsteht die Zusammenkunft wie aus dem Nichts und ruckzuck wieder vorbei.

Organisiert werden solche Treffen oft über soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter im Internet. Wildfremde Menschen treffen aufeinander, um sich zum Beispiel mit Kissen zu bewerfen oder gegen etwas zu demonstrieren. Als Chor sieht das so aus wie in London: Zahlreiche Leute sind wenige Minuten im Einklang, und trennen sich dann wieder.

Das soziale Element eines Flashmob-Chors

"Es sollte die Leute glücklich und fröhlich machen", sagt De Lucia, der den London Flash Choir zusammen mit seinem Studienkollegen Fred Feeney gegründet hat. Ganz neu ist die Idee nicht. Bisher aber seien meistens nur einzelne Worte oder kurze Passagen gesungen worden, nie ganze Lieder, erklären die beiden. Eines Abends sei ihnen deshalb spontan die Idee gekommen, einen Chor zusammenzutrommeln, der auch durch Qualität überzeugt und ganze Stücke singt. Feste Mitglieder sollte er nicht haben, und eigentlich sollten es nur wenige Leute werden. Dass am Ende rund 500 Menschen, auch aus anderen Teilen Großbritanniens, zum Mitsingen nach London kommen würden, hätten sie nicht erwartet.

"Wir dachten, es ist mittlerweile so leicht, Musik zu bekommen. Man kann sich alles im Internet anhören oder herunterladen", sagt De Lucia. "Aber Live-Musik zu erleben, das ist gar nicht so einfach. Wenn man nicht jemand ist, der viel auf Konzerte geht und Geld ausgibt dafür, ist es schwierig, Zugang zu Live-Musik zu bekommen." Außerdem gebe Musik den Leuten ein Gemeinschaftsgefühl. "Beim Flashmob-Chor hat man auch dieses soziale Element. Die Leute kennen sich gar nicht, aber fühlen sich irgendwie trotzdem wie eine Gruppe."

"Jeder Mensch singt gerne"

So spontan ein Flashmob auch sein soll, eine kleine Generalprobe für den Auftritt mitten in London gab es schon. Kurz vor den Gesangseinlagen in der Innenstadt konnte jeder, der wollte, zum Üben in den Innenhof der Uni kommen, an der die beiden Komposition studieren. "Wir wollten nicht, dass es wie ein Rugby-Team klingt. Denn dann hätten wir nicht die Wirkung erzielt, die wir wollten. Wenn Musik nicht halbwegs gut gemacht ist, kann es echt daneben gehen", erklärt de Lucia.

Wann genau der Flashmob-Chor wieder auftaucht, wird nicht verraten. Aber nach der ersten gelungenen Gesangseinlage wollen sie definitiv weitermachen, kündigt De Lucia an. "Das Tolle daran ist, dass jeder singen kann. Auch, wenn manche das anders sehen. Aber am Ende singt doch jeder Mensch gerne."

dpa