Streit um den Strand überschattet Italiens Badesaison

Streit um den Strand überschattet Italiens Badesaison
Der Beginn der Badesaison in Italien steht unter keinem guten Stern. Die Kosten für die Urlauber steigen, und zwischen Italien und der EU ist ein Streit über die Konzessionen der Verkäufer entbrannt.
11.05.2011
Von Emilia Smechowski

Die einen nennen es den "Ausverkauf der Strände", die anderen versprechen sich davon positive Auswirkungen auf den Tourismus. Wer künftig eisgekühlte Getränke oder Liegen und Sonnenschirme am Strand anbieten will, der könnte nach dem Willen von Silvio Berlusconi Genehmigungen für nahezu ein ganzes Jahrhundert bekommen. Die konservative Regierung Italiens will Strandverkäufern Konzessionen für 90 Jahre ausstellen, statt wie bisher für 25. Der Protest kam prompt: Die EU-Kommission empörte sich aus Wettbewerbsgründen. Umweltschützer und Verbraucherverbände malten düstere Zukunftsbilder von teuren und verbauten Stränden.

Schon mehrfach hatten sich die Kommissare in Brüssel über die bisherige Regelung beschwert, dass bestehende Konzessionen in Italien nach Ablauf einfach automatisch verlängert wurden. Dass sie nun gleich für 90 Jahre ausgestellt werden sollen, spricht ihrer Meinung nach komplett gegen einen fairen Wettbewerb. Gemäß geltenden EU-Richtlinien sollte die Zahl der Konzessionen beschränkt und ihre Dauer "angemessen" sein.

Die Aussicht auf Vergnügungsparks und Sportcenter

"Wir wollen sicherstellen, dass es einen fairen Wettbewerb gibt, und dass jeder die Möglichkeit hat, seine Dienste anzubieten", erklärte dazu eine Sprecherin von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Die von Rom geplante Regelung würde den Gesetzen des EU-Marktes widersprechen.

Der Streit um die Konzessionen ist keine Lappalie. Denn anders als die weiten Strände an der deutschen Ost- und Nordsee, sind Italiens Küsten fast überall dicht bebaut: Kioske und Bars reihen sich an Liegestühle und Sonnenschirme, Duschen und Umkleidekabinen. Praktisch überall können Urlauber kalte Getränke, Obst oder Eis kaufen.

Das erlassene Dekret ist noch nicht rechtskräftig. Bevor bestehende und künftige Konzessionen für 90 Jahre ausgestellt werden können, muss die Verordnung binnen der kommenden zwei Monate vom Parlament als Gesetz verabschiedet werden. Ob es so weit kommt, ist unklar, die Proteste sind zahlreich.

"Die neunzigjährigen Konzessionen zielen ganz eindeutig auf neue Bebauungen ab, da die bereits bestehenden Strandbäder schon ausreichend Sicherheiten haben", kritisierte die Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF). Die Regierung verfolge ganz offensichtlich das Modell des Vergnügungsparks mit Schwimmbad, Disco und Sportcenter. Kein Wunder, dass auch die italienischen Grünen Sturm laufen gegen die Genehmigungen. Gegen den "Ausverkauf der Strände" rief die Partei Legambiente nun für den kommenden 18. Juni zu einer landesweiten Demonstration auf.

Durchschnittlich 37 Euro lässt der Gast am Strand

Der italienische Wirtschaftsminister hingegen verteidigt die Idee. Man erhoffe sich von der neuen Regelung positive Auswirkungen auf den Tourismus des Landes, hieß es aus dem Ministerium. Dabei erwarten die Strandurlauber, ob nun Einheimische oder Touristen, eher schlechte Nachrichten. Die Kosten für Serviceleistungen wie Liegen, Sonnenschirme und Verpflegung werden auch in diesem Jahr wieder steigen, laut italienischen Medienberichten um ganze sechs Prozent.

Zwei Personen werden für einen Strandtag in diesem Sommer durchschnittlich 37 Euro pro Tag ausgeben, errechnete der Verbraucherverband Codacons. In Kroatien koste im Vergleich ein Tag am Strand für zwei Personen nur 20, in Griechenland 23, in Spanien 25 Euro. Codacons zufolge gehören damit die Strände Italiens zu den teuersten am Mittelmeer, nur ein Strandurlaub an der französischen Mittelmeerküste sei teurer.

Eine gute Nachricht gibt es in diesem Jahr dann doch: Italien stellt nach wie vor rund zehn Prozent der Vorzeigestrände weltweit. Die Umweltstiftung Fee (Foundation for Environmental Education) vergab ihre "Bandiera blu" in diesem Jahr an 233 Badestrände im Land.

dpa