Missbrauchs-Hotline immer noch gefragt

Missbrauchs-Hotline immer noch gefragt
Die Zahl der Anrufe ist in den letzten Wochen wieder gestiegen: Die Hotline der katholischen Kirche für Missbrauchsopfer ist ein Jahr nach ihrer Freischaltung immer noch gefragt.
28.03.2011
Von Birgit Reichert

In den vergangenen Wochen sei die Zahl der Anrufe rund um das Thema Entschädigung wieder deutlich gestiegen, sagte der Leiter der Hotline, Andreas Zimmer, in Trier der Nachrichtenagentur dpa. Wurden zuvor nur noch 50 bis 90 Gespräche pro Woche geführt, waren es zuletzt 100 bis 120. Die Menschen stellten vor allem praktische Fragen, etwa wie und wo sie eine Entschädigung beantragen könnten.

Die katholische Kirche hat die Telefonberatung am 30. März 2010 geschaltet, um Opfern von sexuellen Übergriffen in katholischen Einrichtungen eine Anlaufstelle zu bieten. Bislang habe es 5.064 Gespräche und 27.481 Anrufversuche gegeben, sagte Zimmer. Die Zahlen zeigten, "wie wichtig es war, dieses Angebot zu machen". Der Bedarf sei eindeutig dagewesen, auch wenn sich die Gespräche im Laufe des Jahres verändert hätten. Die kostenlose Hotline (0800-1201000) soll noch bis September erreichbar bleiben.

Abschlussbericht im Sommer

Den größten Ansturm erlebten die Mitarbeiter der Telefonberatung in den ersten Wochen. "Da kamen Tausende erst gar nicht durch", sagte Zimmer. Viele Betroffene schilderten ihre Missbrauchs-Erfahrungen, meist von Vorfällen aus den Jahren von 1950 bis 1980. "Diese Fülle von emotional erschütternden Fällen war auch für die Mitarbeiter der Hotline eine große Belastung", sagte er. Rund die Hälfte der Anrufer quer durch Deutschland sei von sexuellem Missbrauch betroffen gewesen. Ihr durchschnittliches Alter lag bei 55,8 Jahren.

Rund 40 Prozent der Anrufer wollten am Telefon über ihren Fall berichten, rund 45 Prozent fragten nach weiterführenden Angeboten. Rund 15 Prozent zielten auf materielle Anerkennung oder Beihilfe für Therapiekosten ab. In wenigen Fällen kamen auch sexuelle Übergriffe von Priestern oder Kirchenmitarbeitern in jüngerer Vergangenheit zur Sprache. "Wir haben 21 gemeldete Delikte nach dem Jahr 2000." Meist seien die Anrufer hier aber "sehr sparsam mit Informationen" gewesen.

Manche Opfer hätten im Gespräch deutlich gemacht, dass sie Kontakt mit dem Täter wollten. Daher sei es in einigen Fällen auch zu einem "Täter-Opfer-Gespräch" gekommen. "So ein Gespräch kann helfen, mit der Sache abzuschließen", sagte Zimmer, der die Beratungsdienste im Bistum Trier leitet. Im Sommer wird es noch einen Abschlussbericht über die Hotline geben. Die Telefonberatung ist immer dienstags, mittwochs und donnerstags von 13.00 bis 20.30 Uhr besetzt. Zudem gibt es eine Online-Beratung unter www.hilfe-missbrauch.de.

dpa