Kirchenpräsident Jung für gemeinsame Flüchtlingspolitik in der EU

Kirchenpräsident Jung für gemeinsame Flüchtlingspolitik in der EU
Die evangelische Kirche dringt darauf, dass auch Deutschland Flüchtlinge aus Tunesien aufnimmt. Angesichts der Massenflucht von Nordafrikanern nach Italien sprach sich der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung am Mittwoch in Frankfurt am Main für eine Lastenverteilung in der EU und eine gemeinsame Flüchtlingspolitik aus. Unterdessen geht die Diskussion über den Umgang mit den Bootsflüchtlingen weiter.

Mehr als 5.000 Flüchtlinge aus Tunesien sind nach UN-Angaben in den vergangen Tagen illegal auf der italienischen Insel Lampedusa eingetroffen. Die Auffanglager auf der kleinen Insel sind überfüllt. Grund für die Auswanderungswelle waren vor allem fehlende Grenzkontrollen nach dem politischen Umsturz in dem nordafrikanischen Land. Nach der Massenflucht hatten Politiker von SPD und Grünen die Aufnahme von Flüchtlingen auch in Deutschland gefordert.

Unterbringung auf Lampedusa "besorgniserregend"

Kirchenpräsident Jung, der auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, sagte in einem epd-Gespräch, er erwarte von der Bundesregierung die Bereitschaft, "in dieser besonderen Situation zu zeigen, wir öffnen uns". Die Hilfe für die Flüchtlinge sei eine gesamteuropäische Aufgabe.

Der evangelische Theologe begrüßte den Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Länder Nordafrikas in der gegenwärtigen Umbruchsituation zu unterstützen. Parallel sollte jedoch auch erwogen werden, mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus humanitären Gründen andere Signale zu setzen.

Der braunschweigische Bischof Friedrich Weber bezeichnete die Unterbringung der Flüchtlinge auf Lampedusa als besorgniserregend. Die Flüchtlinge hätten einen Anspruch auf menschenwürdige Behandlung, mahnte der Theologe in einem epd-Gespräch. Zugleich forderte er Wirtschaftshilfen und Handelserleichterungen für Tunesien, um die Lage im Land zu verbessern: "Die Menschen brauchen eine Perspektive in ihrer Heimat."

CDU-Innenexperte Bosbach: Flüchtlinge nicht aufnehmen

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sprach sich unterdessen gegen eine Verteilung von Flüchtlingen aus Lampedusa auf die EU-Staaten aus. Der Druck auf die Mittelmeerstaaten in der EU, die Grenzen dicht zu machen, würde damit deutlich nachlassen, sagte der CDU-Politiker der "Passauer Neuen Presse" (Mittwochsausgabe).

Bosbach lehnte eine dauerhafte Aufnahme tunesischer Flüchtlinge ab. "Natürlich wird den Flüchtlingen bei ihrer Ankunft geholfen", sagte er. Doch es müsse klar sein, "dass sie nicht auf Dauer in Europa bleiben können". Wenn die EU nicht zeige, dass sie ihre Außengrenzen sichern könne, werde es immer wieder neue Flüchtlingsströme geben.

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sagte, die jungen Tunesier flüchteten, weil sie kaum berufliche Perspektiven hätten. Er plädierte dafür, die Lebensbedingungen in dem nordafrikanischen Land zu verbessern. Dafür müssten die Bildungschancen erhöht und die Wirtschaftskraft gestärkt werden, sagte der Minister der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" (Mittwochsausgabe).

epd