Rösler will pflegende Angehörige entlasten

Rösler will pflegende Angehörige entlasten
Im Rahmen der Pflegereform will Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) die Situation der pflegenden Angehörigen verbessern. Rösler kündigte nach einem Treffen mit Verbänden und Angehörigen-Vertretern an, die Betroffenen müssten entlastet und finanziell bessergestellt werden.

Rösler führt seit Ende 2010 Gespräche mit Betroffenen und der Pflegebranche und will bis Mitte dieses Jahres Eckpunkte für eine Reform vorlegen. Die Verbände äußerten sich zufrieden über das Gespräch, das am Montag in Berlin stattgefunden hat. Die Angehörigen seien die größten Dienstleister in der Pflege, sagte Rösler. Zwei Drittel der Pflegebedürftigen würden zu Hause versorgt. Dies müsse viel stärker anerkannt werden als bisher.

Eines seiner Ziele sei, die Rentenansprüche für die Pflegezeit denen für Kindererziehungszeiten anzugleichen, sagte Rösler. Pflegezeiten werden heute nur etwa halb so hoch für die spätere Rente gewertet wie Kindererziehungszeiten. Außerdem wolle er Reha-Kuren für Pflegende und die von ihnen abhängigen Menschen ähnlich organisieren wie Mütter-Kind-Kuren, sagte Rösler, da viele Pflegende ihre Angehörigen nicht allein lassen wollen. Daher würden auch Kurzzeitpflege-Angebote kaum genutzt.

Über die Kosten möglicher Reformen wollte der Minister nichts sagen. Er will zunächst weitere Gespräche mit Vertretern der Pflege, mit dem ebenfalls zuständigen Arbeits- und Familienministerium sowie mit den Ländern und Kommunen führen. Bis Mitte des Jahres sollen Eckpunkte für ein Gesetz vorliegen.

Forderung: "nationaler Rettungsschirm" für Pflegende

Die Forderung nach einer Anhebung der Rentenbeiträge hatte der Sozialverband VdK erhoben. Dies sei notwendig, um vor allem Frauen vor Altersarmut zu bewahren, erklärte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher. Außerdem sollten alle Arbeitnehmer Anspruch auf eine Pflegezeit von zwei Jahren und ein Rückkehrrecht in einen Vollzeitjob erhalten. Auch die Volkssolidarität sprach sich für eine bessere Anerkennung von Pflegeleistungen in der Rente aus. Angehörige benötigten allerdings auch mehr entlastende Angebote, erklärte Präsident Gunnar Winkler. Viele seien bereits nah am Rentenalter und hätten selbst mit Erkrankungen zu kämpfen.

Rund 1,6 Millionen Menschen, die Zuhause gepflegt werden, erhalten Pflegegeld aus der Pflegeversicherung. Hinzu kommen verschiedenen Befragungen zufolge weitere zwei bis drei Millionen alte Menschen, die zu Hause betreut werden müssen, aber keinen Anspruch auf Pflegeleistungen haben. Der Pflege-Kritiker Claus Fussek sagte nach dem Gespräch mit Rösler, die pflegenden Angehörigen bräuchten "einen nationalen Rettungsschirm". Die Pflege müsse ein breites gesellschaftliches Thema werden. Jede Familie werde mit dem Thema konfrontiert.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung begrüßte Röslers Vorschläge zur Entlastung pflegender Angehöriger. Er verwies darauf, dass die Pflegekassen pro Jahr rund 650 Millionen Euro ausgeben, um Kurzzeitpflege und Erholungspausen für die Pflegenden zu finanzieren.

Angehörige "am Ende ihrer Kraft"

Das Diakonische Werk verwies darauf, dass sich Pflegende zu selten eine Auszeit gönnten, obwohl sie einen Fulltime-Job übernommen hätten. Deshalb bräuchten sie den Zugang zu spezifischen Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen. "Gerade hinsichtlich des demografischen Wandels sind wir in Zukunft stärker denn je auf die Unterstützung der Angehörigen angewiesen", sagte Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier.

Für den geschäftsführenden Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospizstiftung, Eugen Brysch, sind die Angehörigen am "Ende ihrer Kraft". Brysch kritisierte, dass Pflegegeld und die Finanzierung eines ambulanten Dienstes bisher miteinander verrechnet werden. Die Angehörigen müssten 50 Prozent des Pflegegeldes behalten dürfen, selbst wenn ein ambulanter Dienst den Pflegebedürftigen versorge. Außerdem müsse die Pflegekasse die Kosten für einen Urlaub von drei Monaten im Jahr übernehmen und nicht nur von 28 Tagen, forderte Brysch.

epd