Einigung in weiter Ferne - Hartz IV bleibt eine Baustelle

Einigung in weiter Ferne - Hartz IV bleibt eine Baustelle
Nach den gescheiterten Verhandlungen über eine Hartz-IV-Reform glaubt nicht einmal die Bundesregierung noch daran, dass ihre Reformpläne bald umgesetzt werden. Unterdessen könnten Langzeitarbeitslose mit Klagen auf mehr Sozialleistungen bald erneut das Bundesverfassungsgericht beschäftigen.

Ein Nein im Bundesrat zu den Hartz-Reformplänen der Regierung wird immer wahrscheinlicher. "Die Bundesregierung kennt die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat und weiß, dass mit einer Zustimmung morgen (Freitag) nicht zu rechnen ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag in Berlin. Nach rund sieben Wochen war die Kompromisssuche von Regierung und Opposition gescheitert. Ein Jahr nach dem Verfassungsurteil für eine Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze ist damit offen, wann die 4,7 Millionen Langzeitarbeitslosen und 2,5 Millionen Kinder aus armen Familien höhere Leistungen bekommen.

"Wenn ein Betroffener sein Existenzminimum einklagt, müsste nach meiner Überzeugung jedes Sozialgericht (...) den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorlegen", sagte Jürgen Borchert, Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Hessen, der "Süddeutschen Zeitung". Das Existenzminimum entspreche nicht den Vorgaben des Grundgesetzes. "Das Bundesverfassungsgericht könnte diesen Schwebezustand mit einer einstweiligen Anordnung beenden."

Gute Chancen vor Gericht

Der Rechtsprofessor Ulrich Battis sieht für Klagen der Betroffenen gute Chancen. "Das zuständige Sozialgericht würde die Angelegenheit dann direkt beim Bundesverfassungsgericht vorlegen und um Stellungnahme bitten", sagte der Berliner Professor für Staats- und Verwaltungsrecht den "Ruhr Nachrichten". Das Verfassungsgericht könnte dann die eigentlich zum 1. Januar 2011 geplante Erhöhung des Regelsatzes um fünf Euro anordnen.

Da Union und FDP in der Länderkammer keine Mehrheit haben, dürfte das Hartz-Paket der Regierung dort am Freitag durchfallen. Es sei denn, es finden sich Abweichler unter den Landesregierungen mit Beteiligung von SPD oder Grünen. Die dabei im Fokus stehenden Länder Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen wollen aber nicht zustimmen.

FDP warnt die Länder

FDP-Generalsekretär Christian Lindner warnte die Länder im "Hamburger Abendblatt" vor Einbußen für die Kommunen: "Wenn es jetzt nicht angenommen wird, werden die Bedingungen nächstes Mal andere sein." Die Bundesregierung will zwölf Milliarden Euro für die Grundsicherung im Alter nur übernehmen, wenn sie dafür ein Ja zur Hartz-Reform bekommt. Der Verhandlungsführer der Grünen, Fritz Kuhn, warf der Regierung vor, mehrere Länder mit finanziellen Mitteln auf ihre Seite ziehen zu wollen.

DGB-Chef Michael Sommer kündigte in einem Brief an seine Organisation an, Klagen von Gewerkschaftsmitgliedern unterstützen zu wollen , wie die "Passauer Neue Presse" berichtete. Der Sozialverband Deutschland befürchtet eine Anhebung der Regelsätze jetzt "schlimmstenfalls erst im Juni oder danach".

dpa