Wasser und Strom: Hilfe für die Roma in Serbien

Wasser und Strom: Hilfe für die Roma in Serbien
Das ökumenische Hilfswerk EHO unterstützt Roma in Nordserbien, denen es am Nötigsten mangelt. Fast täglich werden Roma aus der EU in die Gegend um Novi Sad abgeschoben, wo sie ein neues altes Leben finden. Hilfsprojekte sorgen dafür, dass sie eine Grundversorgung haben, ein Dach über dem Kopf und Arbeit finden.
03.01.2011
Von Danja Antonovic

Die Kornkammer Serbiens breitet sich aus, soweit das Auge blickt. Eine gerade, nicht enden wollende Linie bildet die Grenze zwischen Himmel und Erde: Unten die dunklen, fruchtbaren Felder, oben die Schäfchenwolken, die um die Sonne tanzen. Hier, in der Pannonischen Ebene, liegt Novi Sad, Hauptstadt der nordserbischen Provinz Vojvodina und Sitz der ökumenischen Hilfsorganisation EHO, die sich insbesondere für die Roma in der Region einsetzt.

Nach offiziellen Angaben leben rund 23.000 Roma in der Provinz. Hilfsorganisationen gehen aber von bis zu 150.000 aus. Denn aufgrund der Rückübernahmeabkommen werden fast täglich Roma aus der Europäischen Union nach Serbien abgeschoben - und die meisten von ihnen bleiben in den weiten Ebenen der Vojvodina.

Hilfe zur Selbsthilfe, die hier funktioniert

In der Gemeinde Zabalj etwa mit den Dörfern Djurjdevo und Curug sind 5.000 der 30.000 Menschen Roma. "Ciganski kraj" heißen in Djurdjevo die Straßen, in denen Roma leben - "Zigeunersiedlung".

Diskrimierend sei das nicht, sagt Stanka Jankovic (32), EHO-Mitarbeiterin und selbst Rom: "Roma leben hier seit Jahrhunderten. Das Wort Zigeuner ist in dieser Gegend nicht unbedingt negativ besetzt. Schon vor 200 Jahren integrierte die Kaiserin Maria-Theresia sie in die Gesellschaft. Genauso wie damals Sachsen und Schwaben hier angesiedelt wurden, so bekamen auch sie eigenes Land und konnten bleiben. Deshalb sind Vojvodinas Roma selten Nomaden."

Die Hilfsorganisation EHO, 1993 auf Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen gegründet, hat in Djurjdevo und Curug 124 der kleinen Lehmhäuser in Roma-Siedlungen an die Kanalisation und an das Wasser- und Stromnetz angeschlossen. An der Renovierung arbeiteten Roma mit, die in mehrmonatigen Kursen zu Bauarbeitern ausgebildet wurden. Dafür erhielt EHO den europäischen Diakoniepreis "Eurodiaconia" 2010.

In Curug wohnen die meisten Roma in einer Straße. Die Häuser sind - wie in Vojvodina üblich - dicht aneinander gebaut und oft bunt bemalt. Die Renovierung der Häuser besorgten Fachkräfte gemeinsam mit den Bewohnern: Hilfe zur Selbsthilfe ist ein wichtiger Teil des Projektes. In den meisten Häusern steht schon ein kleines Badezimmer: WC, Dusche und Waschbecken.

Die Wände sind noch nicht richtig geweißelt, aber das warme Wasser kommt aus dem Wasserhahn. Die Badezimmertür fehlt noch, oft auch die Eingangstür - statt einer Tür weht in vielen Eingängen eine weiße Spitzengardine.

Jeder darf mitmachen - egal, ob Roma oder nicht

Vlada Vranjes, 45, ist in Curug geboren, seine Eltern siedelten nach dem Zweiten Weltkrieg aus Bosnien um. "Ich arbeite mal auf dem Feld, mal als Müllmann, mal auf dem Bau, und alle Söhne arbeiten mit", sagt er. Auf einem Anhänger, der als Behälter für Maiskolben dient und auf der unasphaltierten Straße abgestellt ist, spielen Vranjes Enkel zusammen mit Nachbarskindern.

Daneben steht die 55-jährige Vana. Ihre grünen Augen blinzeln fröhlich, wenn sie erzählt: "Ich habe viele Kinder und Enkelkinder. Manche sind schwarz, manche sind weiß, manche sind bunt. Das ist mein Reichtum."

"Wir wollen keinen Neid unter den Nachbarn aufkommen lassen", sagt Stanka Jankovic, "jeder, der arm und arbeitslos ist und hier wohnt, hat das Recht, am Programm teilzunehmen, ob Roma oder nicht."

Die Hilfsorganisation ist ein Spiegelbild der multiethnischen Provinz: Serben, Kroaten, Ungarn, Roma, Slowaken und Vertreter weiterer acht Nationen arbeiten in dem Verein. In den Kriegsjahren widmete er sich vor allem den Flüchtlingen aus Kroatien, Bosnien und Kosovo.

Nach Kriegsende weitete EHO seine humanitäre Arbeit aus. Aids-Hilfe, Arbeit mit Straßenkindern, Romaprojekte - das sind die wichtigsten Projekte in den Gemeinden von Vojvodina. Besonders stolz ist der Verein auf seine Volontäre: Mehr als 300 Schüler und Studenten helfen freiwillig mit.

epd