Merkel verurteilt Anschlag auf ägyptische Christen

Merkel verurteilt Anschlag auf ägyptische Christen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Anschlag auf eine christliche Kirche in Ägypten aufs Schärfste verurteilt. Nach dem Selbstmordattentat mit 21 Toten kam es zu gewalttätigen Protesten von Gläubigen. Die koptischen Christen in Ägypten wie auch in Deutschland fürchten unterdessen um ihre Sicherheit.

"Mit Abscheu und Entsetzen habe ich die Nachricht von dem entsetzlichen Anschlag vernommen", schrieb Merkel in einem Beileidstelegramm an den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak. "Die Bundesregierung verurteilt diesen barbarischen Terroranschlag, bei dem Christen, aber auch Muslime ihr Leben verloren haben, aufs Schärfste", heißt es in dem Schreiben. Die Kanzlerin zeigte sich zugleich überzeugt, dass Mubarak alles in seiner Macht Stehende tun werde, um solche Vorfälle in Zukunft zu verhindern.

Offizielle Weihnachtsfeiern abgesagt

Ein Selbstmordattentäter hatte in der Neujahrsnacht in Alexandria 21 Menschen mit in den Tod gerissen. Unter den Opfern des Anschlags, der mit einer 100-Kilogramm-Sprengstoffladung verübt wurde, sind vor allem koptische Christen. Nach offiziellen Angaben wurden 97 Menschen verletzt. Die Hintergründe der Tat sind unklar. Die ägyptische Regierung machte "ausländische Kräfte" verantwortlich. Der koptische Klerus sagte aus Trauer über den Anschlag die öffentlichen Feierlichkeiten zum Weihnachtsfest am 7. Januar ab. Die Kopten feiern Weihnachten nach dem alten julianischen Kalender.

Die Wut der Christen in Ägypten entlud sich am Wochenende in teilweise gewalttätigen Protesten. Am Sonntagabend wurden bei einer Demonstration in der Kairoer Innenstadt 39 Angehörige der Sicherheitskräfte und zwei Passanten verletzt. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen bewarfen Demonstranten die Polizisten mit Steinen und Flaschen. Zuvor hatte es bereits in Alexandria und in einem vorwiegend von Christen bewohnten Dorf in der oberägyptischen Provinz Assiut Proteste gegeben, bei denen die Demonstranten auch Slogans gegen Mubarak gerufen hatten.

Furcht vor weiteren Anschlägen

Unter den koptischen Christen in Ägypten herrscht unterdessen Furcht vor weiteren Anschläge durch islamische Fanatiker. "Ja, wir haben Angst. In unserer Heimat schlägt uns von fundamentalistischen Muslimen oft der blanke Hass entgegen", sagte die leitende Redakteurin der Kairoer Wochenzeitung "Watani International", Samia Sidhom, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Zeitung wird von Kopten gelesen und erscheint als Print- und Internetzeitung auf Englisch und Arabisch. Der jüngste Anschlag habe viele Christen nicht überrascht. "Gerade in Alexandria haben wir in den vergangenen Jahren mit viel Sorge eine Radikalisierung von Muslimen gesehen."

Etliche Prediger in den Moscheen Alexandrias hetzten Muslime gegen Christen auf, erläuterte die Journalistin weiter. "In den Moscheen wird die Saat des Hasses gegen die Christen gelegt." Zudem stachelten islamistische Internetseiten gegen Christen auf. Das öffentliche Leben in dem bevölkerungsreichsten arabischen Land werde mehr und mehr islamisiert. Angehörige der muslimischen Mehrheit schikanierten Christen in Bildungseinrichtungen und in der Arbeitswelt. "Die Behörden verweigern oft Baugenehmigungen für Kirchen", sagte Sidhom. In Ägypten sind Schätzungen zufolge etwa zehn Prozent der rund 80 Millionen Einwohner koptische Christen.

Islamischer Religionsgelehrter spricht von Verbrechen

Die Bluttat, die von fanatischen Islamisten geplant worden sein soll, hatte international für Empörung gesorgt und war auch von islamischen Geistlichen in Ägypten verurteilt worden. Auch der ranghöchste islamische Religionsgelehrte von Saudi-Arabien bezeichnete die Tat als ein Verbrechen, das nichts mit dem Islam zu tun habe. Die saudische Zeitung "Okaz" zitierte den Mufti, Scheich Abdulasis bin Abdullah al-Scheich, am Montag mit den Worten: "Der Islam ist nicht die Religion der Explosionen, und er erlaubt es auch nicht, die Gebetsräume von Nicht-Muslimen anzugreifen."

Aus Sorge vor einem Anschlag gegen Einrichtungen von koptischen Christen werden auch in Deutschland die Sicherheitsvorkehrungen nochmals auf den Prüfstand gestellt. Laut Bundesinnenministerium sollen dazu "Sicherheitsgespräche" zwischen Polizei und den Gemeinden geführt werden. In Deutschland leben rund 6.000 koptische Christen. Bereits in den vergangenen Wochen habe es vermehrt Terrordrohungen gegen die Kopten gegeben, sagte der koptische Bischof Anba Damian der "Bild"-Zeitung. "Das Internet ist voll mit diesen Drohungen gegen uns. Die Kriminalpolizei hat uns mehrfach vor Überfällen durch radikale Muslime auf unsere Christmette gewarnt." Im Bundesinnnenministerium sei am Silvesterabend ein Schreiben des Bischofs eingegangen, sagte Sprecher Stefan Paris. Darin weise dieser auf eine Gefährdung seiner Gemeinden insbesondere im südwestdeutschen Raum hin.

"Christen werden getötet wie Hühner"

Der in Höxter in Ostwestfalen residierende Bischof kritisierte, dass in Ägypten nicht hart genug gegen antichristliche Terroristen vorgegangen werde. "Es ist nicht das erste Mal, das so etwas passiert." Am 6. Januar 2010 seien nach einer Messe sechs koptische Jugendliche in Ägypten erschossen worden. Die Täter seien bis heute nicht verurteilt, beklagte Anba Damian. "Koptische Christen werden getötet wie Hühner - und niemand kümmert sich."

Angesichts des Anschlags planen die in Europa lebenden Kopten eine gemeinsame Trauerstunde. Sie wollen sich um 13 Uhr zu Gebet und Kundgebung in ihren Gotteshäusern versammeln, um der Opfer in Ägypten zu gedenken, sagte Anba Damian dem Evangelischen Pressedienst (epd). Gläubige anderer christlicher Kirchen seien ebenfalls dazu eingeladen, ihren Beistand und ihre Solidarität auszudrücken. In Frankfurt findet am Samstag ein ökumenisches Gebet für die Opfer des Attentats statt.

dpa/epd