Mit deutschem Geld trainierte Somalier an der Kriegsfront

Mit deutschem Geld trainierte Somalier an der Kriegsfront
Rund 1.000 somalische Polizisten, die mit deutscher Hilfe ausgebildet wurden, sind nach einem Zeitungsbericht nicht im Polizeidienst in Mogadischu, sondern an der Kriegsfront gegen islamistische Milizen eingesetzt. Weil die Sicherheitskräfte ihre zugesagten Gehälter nicht bekämen, drohe zudem die Gefahr, dass sie zu den Rebellen überlaufen, berichtete die Berliner "Tageszeitung" (Donnerstagsausgabe).

Die Somalier hatten Anfang 2010 ein Polizei-Training in Äthiopien absolviert, für das das Auswärtige Amt eine Million US-Dollar bereitgestellt hatte. Die Sicherheitskräfte sollten für die bedrängte somalische Übergangsregierung Polizeiaufgaben in der somalischen Hauptstadt übernehmen. Das deutsche Vorgehen war international als Alleingang kritisiert worden. Nach ihrer Ausbildung waren die Somalier monatelang nicht auffindbar.

Die "Tageszeitung" berichtet unter Berufung auf Informationen aus der somalischen Präsidentschaft, die Polizisten seien im Gebiet um den Ort Bulo Hawo nahe der kenianischen Grenze tätig. Sie nähmen dort an einer Offensive gegen die islamistischen Schabaab-Milizen teil.

Deutscher Alleingang sorgt für Unmut

Das Auswärtige Amt räumte mögliche Kampfeinsätze ein. "Die Bundesregierung kann nicht bestätigen, dass die betreffenden Polizisten in solche Gefechte verwickelt waren. Angesichts der Lage in Somalia und der häufigen Angriffe auf Polizei und Sicherheitskräfte kann dies aber auch nicht ausgeschlossen werden", schrieb der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, in einer Antwort, die dem epd vorliegt, auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen. Die Politikerin kritisierte die deutsche Ausbildungs- und Ausstattungshilfe als verantwortungslos, weil damit weltweit Militärregime und Bürgerkriegsparteien unterstützt würden.

Die von Deutschland finanzierte Ausbildung der somalischen Polizisten sorgte auch international bereits für Unmut, weil das Vorhaben nicht zuvor mit den Vereinten Nationen abgestimmt war und Äthiopien in den Somalia-Konflikt involviert ist. 2006 waren äthiopische Truppen in Somalia einmarschiert, um der weitgehend machtlosen Übergangsregierung beizustehen, die nur noch Teile Mogadischus kontrolliert.

Die Äthiopier wurden in Somalia weithin als Besatzungsmacht empfunden, der Konflikt eskalierte. Im Januar 2009 zogen die Äthiopier offiziell ab. Allerdings sollen sich immer noch äthiopische Truppen in Somalia befinden.

Kein Gehalt: Polizisten laufen zu Islamisten über

Die Bundesregierung weigert sich laut Hoyer, den somalischen Polizisten nach einer Vereinbarung mit den UN Lohn zu zahlen, weil sie nicht in Mogadischu sind. Laut "Tageszeitung" könnte es daher sein, dass sie wie viele somalische Soldaten ohne Bezahlung gegen die Islamisten an der kenianischen Grenze kämpfen. Immer wieder laufen Soldaten zu den Islamisten über.

Im Sommer hatte das Auswärtige Amt erklärt, die Eingliederung der Sicherheitskräfte in die somalische Polizei konsequent zu verfolgen. "Nach Ende der Ausbildung im Mai 2010 wurden die 925 Auszubildenden unter äthiopischer Verantwortung nach Somalia transportiert", erklärte das Ministerium damals.

Die Schabaab-Miliz hatte vor mehreren Monaten zum "heiligen Krieg" gegen die somalische Übergangsregierung aufgerufen. Seit dem Sturz von Diktator Siad Barre 1991 hat Somalia keine Zentralregierung mehr, die das ganze Land kontrolliert. Dass die international anerkannte Übergangsregierung wie geplant bis 2011 eine neue Verfassung erarbeiten und eine Friedenslösung erreichen kann, wird bezweifelt.

epd