Angst vor Attentat auf Reichstag - Al-Kaida feiert Strategie

Angst vor Attentat auf Reichstag - Al-Kaida feiert Strategie
Wie glaubwürdig die Informanten sind, ist kaum einzuschätzen. Die Fahnder stellen sich trotzdem auf Anschläge extremistischer Islamisten ein. Zwei "Gotteskrieger" sollen bereits in Berlin untergetaucht sein.

Die Hinweise auf Terrorattacken islamistischer "Gotteskrieger" in Deutschland werden konkreter. Nach Informationen aus verschiedenen Quellen befürchten Fahnder einen Sturmangriff auf den Reichstag in Berlin oder ein Bombenattentat etwa auf einen Weihnachtsmarkt. Kanzlerin Angela Merkel sieht eine reale Gefährdung, versucht aber, die Angst vor Anschlägen zu dämpfen. Der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, betont, es gebe keine Informationen über konkrete Ziele oder Täter.

Patrouillen an Flughäfen und Bahnhöfen

Die Terrororganisation Al-Kaida feierte ihren misslungenen Anschlag mit zwei Paketbomben unterdessen als Erfolg. Dem Westen würden milliardenschwere Ausgaben für neue Sicherheitsmaßnahmen aufgezwungen, heißt es in einer Erklärung der im Jemen beheimateten Al-Kaida-Zellen. Im Oktober waren Paketbomben des Terrornetzwerks in Luftpostsendungen in Dubai und Großbritannien entdeckt worden.

In Deutschland patrouilliert die Polizei nach den Terrorwarnungen schwer bewaffnet auch an Flughäfen und Bahnhöfen. Nach Informationen der US-Bundespolizei FBI soll sich an diesem Montag ein Terrorkommando in Richtung Deutschland in Marsch setzen. Zwei Attentäter sind angeblich schon in Berlin.

Hintergrund für die jüngsten Terrorwarnungen des Innenministers sind nach nicht dementierten Berichten des "Spiegels" und der SWR-Sendung "Report Mainz" Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden aus eigenen Quellen und von der US-Bundespolizei FBI.

Bombenzünder im Handy

Laut "Spiegel" hat sich ein aus Deutschland kommender Islamist telefonisch aus dem Ausland mit dem Wunsch gemeldet, er wolle aus der Terrorszene aussteigen. Nach seiner Darstellung will ein Kommando von Al-Kaida und verbündeten Gruppen möglicherweise den Sitz des Bundestages stürmen, Geiseln nehmen und ein Blutbad anrichten. Die Attacke auf die Touristenattraktion könne für Februar oder März geplant sein.

Als weitere Anschlagvariante nannte der Mann einen Bombenanschlag mit einem Handy als Zünder. Von zwei solchen Szenarien berichtet auch "Report Mainz" unter Berufung auf ein BKA-Papier. Nach diesen Informationen sind zwei Islamisten vor sechs bis acht Wochen nach einer Terrorausbildung in Pakistan in Berlin untergetaucht. Vier Komplizen warteten auf ihre Abreise.

Ein zweiter Hinweis, auf den sich de Maizières Warnung stützt, gab das FBI dem BKA laut "Spiegel" vor rund zwei Wochen. Eine mit Al- Kaida paktierende schiitisch-indische Gruppe mit Namen "Saif" ("Schwert") habe zwei Männer auf den Weg nach Deutschland geschickt. Sie sollten am 22. November in den Vereinigten Arabischen Emiraten ankommen und mit neuen Papieren nach Deutschland reisen. Visa für den Schengen-Raum hätten sie schon. Vor diesem Hintergrund hatte der Innenminister auch die Kontrollen an den Grenzen verschärft.

FBI und BKA messen den Informationen laut "Spiegel" große Bedeutung zu. Nach SWR-Angaben hält das BKA sie für "weitestgehend schlüssig". Der US-Auslandsgeheimdienst CIA, der Bundesnachrichtendienst und der deutsche Verfassungsschutz seien skeptisch. Bisher gab es für eine Zusammenarbeit des sunnitischen Al- Kaida-Terrornetzes mit schiitischen Extremisten keine Beweise.

Angela Merkel: "Ohne Angst leben"

Kanzlerin Merkel rief die Menschen auf, an ihrer freiheitlichen westlichen Lebensweise festzuhalten. "Wir wollen in Deutschland frei und ohne Angst leben - keine terroristische Bedrohung wird uns davon abbringen." Die Sicherheitskräfte täten "alles Erdenkliche für unseren Schutz", sagte sie der "Bild am Sonntag".

BKA-Chef Ziercke sagte, es gebe "keinen Grund, irgendeine öffentliche Veranstaltung abzusagen". Natürlich stünden symbolträchtige Objekte im Fokus. Aber er fügte hinzu: "Ich gehe in jedem Fall mit meinen Kindern auf den Weihnachtsmarkt." Ziercke kritisierte die detaillierte Berichterstattung. Sie könne die verdeckten Ermittlungen und die Quellen der Behörden gefährden.

Der Bundestag soll am Dienstag auf einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums informiert werden. Für die Besucher des Reichstags gelten die üblichen Sicherheitsvorkehrungen.

Polizeichef festgenommen

Nach dem falschen Bombenalarm von vergangener Woche wurde in Namibia der Leiter der Flughafensicherheitspolizei in Windhuk festgenommen. Er soll gestanden haben, die Attrappe auf ein Gepäckband gelegt zu haben. Sie war in einer Halle entdeckt worden, in der Gepäck für einen Air-Berlin-Flug nach München gelagert war.

Die Terrororganisation Al-Kaida feierte ihr misslungenes Paketbomben-Attentat in einer Erklärung in englischer Sprache. Die Terroristen stellen darin zufrieden fest, dass die beiden abgefangenen Paketbomben Teil der "Operation Blutsturz" gewesen seien. Diese Operation gehöre zu einer neuen "Strategie der 1000 Schnitte".

Die Operation mit den beiden Paketbomben, in die Al-Kaida insgesamt 4200 Dollar investiert habe, würden "Amerika und den Westen zweifellos einige Milliarden Dollar für neue Sicherheitsmaßnahmen kosten". Die Terroristen kündigten zudem an, sie wollten ihre Erfahrungen mit Sprengstoff, der schwer zu entdecken sei, auch an Terroristen in anderen Ländern weitergeben.

dpa