Terrorwarnung beschäftigt Bürger und Minister

Terrorwarnung beschäftigt Bürger und Minister
Unter dem Eindruck von Warnungen vor einem Terroranschlag durch Islamisten in Deutschland kommen die Innenminister von Bund und Ländern an diesem Donnerstag in Hamburg zu ihrer Herbstkonferenz zusammen. Zentrale Themen des zweitägigen Treffens sind auch die Reform des Ausländerrechts, der Streit um die Speicherung von Telefon- und Internetdaten sowie die Überwachung und Kontrolle der Prostitution.

Als erstes wollen die Ressortchefs aber über die Warnungen vor einem Anschlag Ende November sprechen. "Vor Eintritt in die reguläre Tagesordnung werden wir uns mit diesem Thema befassen", sagte Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck (CDU) am Mittwoch. Er ist derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK).

Bereits am Mittwochabend diskutierten die Innenminister bei einem Abendessen in der Hansestadt über das Thema. Zum Inhalt des Gesprächs sollte nichts bekanntgegeben werden. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte zuvor aus Sorge vor einem islamistischen Terroranschlag noch vor Weihnachten in ganz Deutschland schärfere Sicherheitsvorkehrungen angeordnet. Zum Schutz der Bevölkerung patrouillieren jetzt bewaffnete Polizisten an Flughäfen und Bahnhöfen. An Grenzen wird strenger kontrolliert. Experten fürchten, dass Weihnachtsmärkte Ziel eines Anschlags sein könnten. Spekuliert wird auch über Attentate wie im indischen Mumbai, wo 2008 bei einem Terrorüberfall von Islamisten auf Hotels mehr als 160 Menschen starben.

Polizeigewerkschaft bemängelt Vorbereitung

Defizite bei der Vorbereitung auf mögliche Terroranschläge bemängelte unterdessen Konrad Freiberg, Chef der Polizeigewerkschaft GdP. "Hier wurden in der Entwicklung einige Schritte verpasst", sagte er dem "Hamburger Abendblatt". Zudem sei die Bevölkerung nicht ausreichend auf die Folgen eines Anschlags vorbereitet. "Wenn ein Anschlag passiert, gilt es schließlich auch, damit fertigzuwerden und die Situation aufzuarbeiten", sagte Freiberg.

Nach einem Bericht der "Passauer Neuen Presse" gibt es bei den Terrorwarnungen offenbar einen Zusammenhang mit einem US- Drohnenangriff im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet Anfang Oktober. Dabei sollen nach pakistanischen Geheimdienstangaben mehrere deutsche Islamisten ums Leben gekommen sein. Aus dem Umfeld dieser Islamisten soll nun Rache für den Drohnenangriff angekündigt worden sein, schreibt die Zeitung. Sie zitiert nicht näher bezeichnete Sicherheitskreise mit der Aussage, die Lage sei "sehr ernst". Man müsse "derzeit mit einem Anschlag rechnen".

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin kritisiert die Terrorwarnung de Maizières als zu vage. "Wenn der Innenminister Gefahren erkennt, dann darf er sich nicht in kryptischen Warnungen ergehen", sagte Trittin der "Frankfurter Rundschau". Dadurch schüre de Maizière genau jene Angst und Verunsicherung, vor der er warne.

Niedersachsen will Islamisten Handys und Moscheen verbieten

Für die Innenministerkonferenz hat Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) angekündigt, für mehr Polizeipräsenz in islamischen Stadtvierteln werben und ein Handy- und Computerverbot für gefährliche Islamisten vorschlagen zu wollen. Außerdem solle gefährlichen Islamisten untersagt werden, radikale Moschee-Gemeinden oder Problembezirke aufzusuchen, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Den Länderpolizeien sollten Online-Durchsuchungen von Computern und das präventive Überwachen von Telefonaten und E-Mails erlaubt werden. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion Hans-Peter Uhl (CSU) brachte in Eintracht mit Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) die Vorratsdatenspeicherung wieder auf den Tisch, die das Bundesverfassungsgericht im März gekippt hatte.

Abseits der Debatte über Terroranschläge ging die Diskussion mit Schünemann über eine Reform des Ausländerrechts unvermindert weiter. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kritisierte, dass der niedersächsische Innenminister das Bleiberecht für geduldete ausländische Minderjährige an "eine positive Prognose für einen Schulabschluss" koppeln will. Schulzeugnisse hätten nicht die Aufgabe, über das Bleiberecht von Kindern und ihren Familien zu entscheiden, sagte sie dem "Hamburger Abendblatt".

Streit um Abschiebestopp für Kinder

Leutheusser-Schnarrenberger forderte die Innenminister auf, einen Abschiebestopp für Kinder und Jugendliche zu beschließen. Sie selbst möchte geduldeten ausländischen Minderjährigen unabhängig vom Status ihrer Eltern ein dauerhaftes Bleiberecht zugestehen. Eine Abschiebung soll nur möglich sein, wenn eine Mindestaufenthaltsdauer von zwei bis maximal drei Jahren unterschritten oder die deutsche Sprache nicht beherrscht wird. Auch den Grünen kritisierten Schünemanns Vorschlag. "Die Hürden werden erneut viel zu hoch gehängt", sagte Grünen-Fraktionsvize Josef Winkler. Außerdem sei nicht klar, was mit den Eltern geschehe. Ähnlich argumentierten der Deutsche Kinderschutzbund und das Kinderhilfswerk Unicef.

Am Mittwochabend demonstrierten unter einem massiven Polizeiaufgebot mehr als 1.000 Menschen in der Hamburger Innenstadt friedlich für ein humaneres Bleiberecht für Ausländer. Die Veranstalter sprachen von 2.700 Demonstranten.

Unterstützung erhielt Schünemann für seinen Vorschlag von Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Hövelmann und Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (beide SPD). Es müsse aber noch geklärt werden, wer darüber bestimme, was gute Noten seien, sagte Hövelmann im Radiosender MDR Info. Mäurer betonte in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "Ich bin erstaunt, dass Herr Schünemann inzwischen vieles von dem vertritt, was wir bereits machen." Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) forderte unterdessen im Berliner "Tagesspiegel" die Aufnahme von 2.500 irakischen Christen und Angehörigen weiterer verfolgter religiöser Minderheiten.

dpa