Das Gewissen der Firma - Manager für Nachhaltigkeit machen Mut

Das Gewissen der Firma - Manager für Nachhaltigkeit machen Mut
Betriebe in Deutschland stellen zunehmend Nachhaltigkeitsmanager ein. Mit ihnen wollen die Unternehmensleitungen ihre Geschäftsstrategien langfristig ausrichten, soziale und ökologische Belange berücksichtigen - und ein gutes Image vermitteln.
11.11.2010
Von Miriam Bunjes

Irina Detlefsen erarbeitet Wanderausstellungen für Banken, in denen erklärt wird, wie der Einzelne durch Wärmedämmung oder Solarzellen das Klima verbessert und dabei Geld spart. Den Bankvorstand berät sie bei seinen geschäftlichen Aktivitäten: Kann ein Geschäftsvorgang dem Ruf der Bank schaden, weil negative Folgen für die Umwelt oder die Bevölkerung möglich sind? Mit der Einkaufsabteilung bespricht sie, wie sozial- und umweltverträglich eingekauft werden kann. Und sie weiß, wie viel Energie und Papier die Mitarbeiter verbrauchen.

"Wir sind das Gewissen der Bank", sagt Nachhaltigkeitsmanagerin Detlefsen. "Wir bedienen alle Abteilungen mit Hintergrundinformationen, werten die Daten für einen Nachhaltigkeitsbericht aus und stoßen dadurch Verbesserungen an." Wir, das sind sechs Mitarbeiter der Corporate Sustainability-Abteilung der Hypo-Vereinsbank.

Nachhaltigkeitsmanager - das ist ein Beruf, der in Deutschland häufiger wird, sagt Joachim Fetzer vom Deutschen Netzwerk für Wirtschaftsethik. Mehrere tausend angestellte Nachhaltigkeitsmanager gibt es heute, schätzt er. Und das sind nur die, die sich so nennen. "Spätestens seit der Finanzkrise haben die DAX-Unternehmen erkannt, dass die Gesellschaft von der Wirtschaft Nachhaltigkeit erwartet", sagt Fetzer. "Auch im Mittelstand wird nachhaltig gearbeitet - aber oft ohne Extra-Stelle."

Berufswunsch: "Etwas Sinnvolles tun"

Stefan Schaltegger, Professor an der Leuphana Universität Lüneburg sagt: "Dieser Beruf hat Zukunft." Schaltegger hat in Lüneburg einen MBA-Studiengang Nachhaltigkeitsmanagement aufgebaut. Etwa 300 Studierende haben ihn bislang durchlaufen. "Für alle war es ein Karrieresprung", sagt der Wirtschaftswissenschaftler.

"Nachhaltigkeitsmanager bringen sich in alle Betriebsbereiche ein", sagt Schaltegger. "Sie analysieren zum Beispiel, wie energiesparend ein Material ist und erarbeiten dann mit der Forschungsabteilung neue Produkte. Oder sie verbessern durch neue Betriebsabläufe den Stromverbrauch." Dabei geht es nicht nur um Ethik. "Ein Verfahren, das Energie spart, ist auch kostengünstiger", sagt Schaltegger.

Auch für Irina Detlefsen ist der Kostenaspekt wichtig: Sie arbeite schließlich in der Wirtschaft und nicht bei einer gemeinnützigen Organisation. Die Architektin ist spezialisiert auf nachhaltiges Bauen. Als sie den Lüneburger MBA machte, hatte sie ihre heutige Stelle schon. "Vieles lernt man im Berufsalltag", sagt sie. "Durch ein Studium wird das Wissen aber strukturierter." Ihr Berufswunsch war immer "etwas Sinnvolles zu tun", sagt die Münchenerin. "Nachhaltigkeit macht ökonomisch und gesellschaftlich Sinn." Dies tut es auch dann, wenn ein Unternehmen dabei manchmal auf ein Geschäft verzichtet.

Dienstfahrräder für Mitarbeiter

Als die Hypo-Vereinsbank 2006 als potenzieller Finanzierer eines Atomkraftwerks im bulgarischen Belene im Gespräch war, entschied sie sich dagegen. Die Recherchen der Nachhaltigkeitsmanager zeigten ein zu großes Risiko. Gegner des Projekts hätten kritisiert, "dass der Standort erdbebengefährdet ist", sagt Detlefsen. "Diese Investition hätten viele unserer Kunden abgelehnt. Das Nein war damit auch wirtschaftlich sinnvoll."

Ihre Abteilung ist seit der Finanzkrise im Vertrieb und bei Kunden sehr gefragt. "Werterhaltung ist ein Thema geworden", sagt Detlefsen. Und gut fürs Geschäft. Anders als Detlefsen, deren Abteilung direkt dem Vorstand unterstellt ist, arbeiten viele Nachhaltigkeitsmanager in der PR-Abteilung, sagt Wirtschaftsethiker Joachim Fetzer und kritisiert: "Da geht es oft nur ums Image."

Irina Detlefsen ist auch für Internes zuständig: für regionales Bio-Essen in der Kantine. Und für Dienstfahrräder in München. "Auch die sind nicht nur umweltfreundlich: Die Mitarbeiter sind im Stadtverkehr schneller, und die Bank spart Geld."
 

epd