Intellektuelle fordern Freilassung von Liu Xiaobo

Intellektuelle fordern Freilassung von Liu Xiaobo
In einem Offenen Brief haben sich 110 chinesische Intellektuelle für die Freilassung des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo und für politische Reformen ausgesprochen. "China soll universale Werte verinnerlichen und damit Teil der dominanten Strömung zivilisierter Gesellschaften werden", heißt es in dem Schreiben, das in der Nacht zum Freitag veröffentlicht wurde.

Nach der Auszeichnung des zu elf Jahren Haft verurteilten Publizisten Liu in der vergangenen Woche hatten sich mehrere Länder für seine Freiheit eingesetzt. Liu habe sich fortwährend für einen friedlichen und rational begründeten Demokratisierungsprozess engagiert, so die Unterzeichner des Schreibens, dem sich bereits fünf weitere Intellektuelle anschlossen.. Seine Auszeichnung "eröffne neue Möglichkeiten für einen friedlichen Wandel der chinesischen Gesellschaft in Richtung Demokratie und konstitutioneller Regierung". Das sei für China der einzige Weg, eine große und verantwortungsvolle Nation auf der Weltbühne zu werden.

Die Autoren appellierten an die Regierung, ihre wiederholten Versprechen für politische Reformen einzulösen. "Jedem Zeichen des guten Willens oder der Verbesserung der Regierung wird die Bevölkerung mit Verständnis und Unterstützung begegnen", heißt es. Die Unterzeichner nannten namentlich Ministerpräsident Wen Jiabao als Hoffnungsträger für politische Reformen. Der in zwei Jahren aus der politischen Führung ausscheidende Wen war während der Protestbewegung 1989 Sekretär des liberalen Parteichefs Zhao Ziyang. Wen hatte mit Zhao gemeinsam die Studenten auf dem Platz des Himmlischen Friedens besucht.

Meinungshaft und Hausarreste beenden

Mit Liu Xiaobo sollen alle wegen ihrer Meinung oder religiösen Überzeugung Inhaftierten freigelassen werden, verlangen die Autoren. Zudem forderten die Unterzeichner die Beendigung des Hausarrests für Lius Frau Liu Xia sowie aller Repressionen gegen Dissidenten als Reaktion auf die Zuerkennung des Friedensnobelpreises am 8. Oktober. Neben einer Mehrheit von Wissenschaftlern finden sich auch Publizisten und Künstler unter den Unterzeichnern. Der Brief wurde zunächst am Donnerstagabend auf Chinesisch und Französisch und am Freitagmorgen auf Englisch verbreitet.

Das Schreiben wurde zum Auftakt einer wichtigen Parteisitzung veröffentlicht. Bis Montag nächster Woche hält das amtierende Zentralkomitee seine fünfte Plenarsitzung ab. Thema ist Chinas zwölfter Fünf-Jahres-Plan zur Entwicklung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

epd